Bereits seit 2005 wurde über die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe in verschiedenen Foren und Arbeitskreisen diskutiert. Für die behinderten Menschen und ihre Vertretungen ging es vor allem darum, die betroffenen Personen aus dem „Fürsorgesystem“ herauszuholen und für sie ein modernes Teilhaberecht zu schaffen. Mit dem Antrag „Schaffung eines Bundesleistungsgesetz“ (Bundesrat Drucksache 282/12) vom 22. März 2013 sowie Aussagen zu einem Bundesteilhabegesetz im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, kam eine neue Dynamik in die Debatte.
Der LBB begleitete den Prozess auf Bundesebene von Anfang an. In der Debatte hat der Beauftragte immer wieder darauf hingewiesen, dass das neue Teilhaberecht für die Betroffenen sehr wichtig ist und dass der Gesetzgeber nicht nur die Entlastung der kommunalen Haushalte als Ziel verfolgen darf. Vor allem zielte der Beauftragte mit seinen Beiträgen auf Landes- sowie Bundesebene auf wirkungsvolle Instrumente ab. Dies betraf vor allem das Budget für Arbeit, die Bedarfsfeststellung sowie allgemein eine personenzentrierte Leistungserbringung im Sinne der Nutzer:innen..
Nachdem der Deutsche Bundestag das Bundesteilhabegesetz am 1. Dezember beschlossen hatte, stimmte am 16. Dezember 2016 ebenfalls der Bundesrat dem Gesetzesvorhaben zu. Die ersten Regelungen des bis zuletzt äußerst umstrittenen Gesetzes sind am 1. Januar 2017 in Kraft getreten.
Auf dieser Seite möchten wir Sie über die Debatte informieren und Ihnen nähere Informationen zur Thematik zur Verfügung stellen.
Die Umsetzung auf Landesebene wird in Bremen liegt bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport. Für die Umsetzung wurde eine Struktur eingerichtet, die einen Begleitausschuss vorsieht, der zu konkreten Themen Stellung bezieht und bei der Umsetzung berät. Beteiligte am Begleitausschuss sind:
Der Begleitausschuss tagt 2-4 Mal pro Jahr. Themen von besonderer Bedeutung werden aus den Arbeitsgruppen des Umsetzungsprojektes der Behörde eingebracht und vorgestellt. Die weiteren Mitglieder im Begleitausschuss können Themen für die Tagesordnung zur Beratung oder auch zur Information vorschlagen.
§ 131 Absatz 2 SGB IX sieht vor, dass die maßgeblichen Interessenvertretungen behinderter Menschen bei der Erarbeitung und Beschlussfassung der Rahmenverträge mitwirken. Gemeinsam mit dem federführenden Senatsressort hat sich der Landesteilhabebeirat darauf geeinigt, dass der Beirat mit sechs Personen in der Vertragskommission und mit jeweils zwei in den Unterkommissionen vertreten sein wird. Folgende Unterkommissionen wurden eingerichtet: "Grundsätzliches", "Trennung der Leistungen in existenzsichernde und Fachleistungen", "Gestaltung von Assistenzleistungen" sowie "Andere Anbieter". Intern findet zudem ein monatlicher Austausch zwischen dem Büro des Landesbehindertenbeauftragten und den Vertrer:innen des Landesteilhabebeirats statt.
Das BTHG sieht im reformierten Eingliederungshilferecht vor, dass die Ermittlung des individuellen Bedarfs durch ein Instrument erfolgen muss, das sich an der ICF orientiert. In diesem Zusammenhang wird auch für das Bundesland Bremen derzeit ein neues Bedarfsermittlungsinstrument erarbeitet. Die Beteiligung des Landesteilhabebeirats sowie des Landesbehindertenbeauftragten erfolgt durch stätige Sitzungen der Arbeitsgruppe Bedarfsermittlung. Die Federführung liegt bei der Senatorin für Soziales. Ferner gehören der AG die Senatorin für Gesundheit sowie der Magistrat Bremerhaven an.
Seit einiger Zeit beschäftigten sich die Mitglieder des Teilhabebeirats im Rahmen der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes verstärkt mit den Themen Sozialraumorientierung, Trägerbudgets sowie Unterstützung von Menschen mit komplexen Hilfebedarfen. Die Gestaltung von Sozialraumorientierung auch im Rahmen von möglichen Trägerbudgets wird diskutiert. Die Interessensvertretung behinderter Menschen beteiligt sich an dieser Diskussion kritisch, da bisher konkrete Fragen zum Spannungsfeld Trägerbudget und Leistungserbringung im Sinne der Personenzentrierung aus ihrer Sicht nicht ausreichend beantwortet wurden. Nach Meinung der Interessensvertretung fehlte es bislang an Beispielen aus der Praxis. Die Evangelische Stiftung Alsterdorf und Leben mit Behinderung haben in allen drei oben genannten Felder seit einigen Jahren Erfahrungen gesammelt. Anfang September 2023 machte sich daher eine 25köpfige Bremer-Reisegruppe auf den Weg nach Hamburg.
Gesamter Rückblick zur Fahrt
Zwei Tage hat sich das Netzwerk Landesrahmenvertrag zur Klausur im Sommer 2023 getroffen. Der Austausch fand in Bremerhaven statt. Am ersten Tag hat Michael Beyerlein (Universität Kassel, Fachgebiet Sozial- und Gesundheitsrecht, Recht der Rehabilitation und Behinderung) den Auftrag und die Rolle der Interessensvertretung beschrieben und eine Analyse der Umsetzung in den Bundesländern gegeben. Anschließend ging es in den Austausch mit den Leistungsträgern und Leistungserbringern zu den Themen: Teilhabe an Arbeit, Assistenz im Krankenhaus, Gewaltschutz sowie zu Assistenzleistungen im KiTa-, Schul- und Erwachsenenbereich.
Die Interessenvertretung behinderter Menschen im Land Bremen begrüßt die Idee, Leistungen stärker als bisher sozialraumorientiert auszurichten. Im Hinblick einer personenzentrierten Ausrichtung wird jedoch die Finanzierung von Leistungen der Eingliederungshilfe im Rahmen von Anbieter- oder Sozialraumbudgets kritisch gesehen. Grund genug, dass Kai Baumann aus dem Team des LBB an den Sozialraumtagen in Nordfriesland im Sommer 2023 teilgenommen und sich insbesondere mit den Leistungsberechtigten zum Thema austauscht hat.
Im Sommer 2021 haben sich die Interessenvertreter:innen behinderter Menschen in der Vertragskommission SGB IX mit Michael Beyerlein (Universität Kassel, Fachgebiet Sozial- und Gesundheitsrecht, Recht der Rehabilitation und Behinderung) zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetz in den Ländern ausgetauscht. Beyerlein stellte dabei aus seiner Sicht vorbildhafte Regelungen aus anderen Landesrahmenverträgen nach § 131 SGB IX vor. Das Gutachten von Michael Beyerlein schlüsselt sich übersichtlich in folgende Kategorien auf:
Weite Teile des Gutachtens machte sich die Interessensvertretung behinderter Menschen zu eigen und brachte sich im Nachgang mit einer systematischen Übersicht über die Anforderungen an den zukünftigen Landesrahmenvertrag erneut in die Vertragskommission ein.
280 Personen nahmen an der Regionalkonferenz Bremen/ Niedersachsen des Deutschen Vereins zum Umsetzungsstand des Bundesteilhabegesetzes teil. Die Veranstaltung diente dazu eine Zwischenbilanz zur Umsetzung des BTHG in Bremen und Niedersachsen zu ziehen. Arne Frankenstein forderte in seinem Beitrag den personenzentrierten Leitgedanken des Gesetzes verstärkt und zeitnah für alle Nutzer:innen umzusetzen. Neue Leistungsangebote sind hierfür zu schaffen. Der LBB betonte, dass sich die Vertretung behinderter Menschen hierfür in der Vertragskommission sowie den Unterkommissionen einsetzen wird.
Im Fokus der zweitägigen Veranstaltung stand ferner der Austausch der Teilnehmenden in fünf Foren. Als Referent beteiligte sich Arne Frankenstein an dem Forum "Sozialraumorientierung" und schilderte den Teilnehmenden seine Erwartungen an eine personenzentrierte Eingliederungshilfe.
Weitere Informationen zum Projekt Umsetzungsbegleitung Bundesteilhabegesetz
Nachdem sich der Landesbehindertenbeauftragte im Januar 2019 mit einem Schreiben an die arbeitsmarkt-, behinderten-, bildungs- und sozialpolitischen Sprecherinnen und
Sprecher der Bürgerschaftsfraktionen gewandt hat, verständigten sich die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der CDU, DIE LINKE und der FDP auf folgende Änderung:
In § 4 des Gesetzes zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes werden die Wörter "höchstens aber die durchschnittlich pro Arbeitsplatz im Arbeitsbereich der Werkstätten für behinderte Menschen im Land Bremen entstehenden Kosten" gestrichen.
Begründung:
Der Bundesgesetzgeber hat den Bundesländern die Möglichkeit eingeräumt, vom höchstmöglichen Förderbetrag von 40 Prozent der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nach oben abzuweichen. Hiervon soll das Land Bremen konsequent Gebrauch machen, um Anreize zu stärken.
Die Bürgerschaft hat das Gesetz mit den Änderungen in zweiter Lesung am 27. Februar 2019 beschlossen. Der Landesbehindertenbeauftragte sowie der Landesteilhabebeirat begrüßen die Entscheidung der Bürgerschaft ausdrücklich.
Der Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes wurde am 8. Januar 2019 vom Senat verabschiedet und anschließend der Bremischen Bürgerschaft zugeleitet. Mit einem Schreiben an die arbeitsmarkt-, behinderten-, bildungs- und sozialpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Bürgerschaftsfraktionen hat sich der Landesbehindertenbeauftragte erneut zum Budget für Arbeit eingebracht. Aus dem Schreiben ergibt sich, dass der Landesteilhabebeirat und der Landesbehindertenbeauftragte eine Änderung der Regelung zum Budget für Arbeit in dem Umsetzungsgesetz vorschlagen, um die Chancen behinderter Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt und eine Erhöhung der Quote der Übergänge von Menschen aus den Werkstätten für behinderte Menschen weiter zu verbessern.
Schreiben an die Bürgerschaftsfraktionen (pdf, 211.5 KB)
Eine behördeninterne Projektgruppe "Bedarfsermittlung" hat im Herbst 2018 eine Empfehlung für die Einführung des niedersächsischen Bedarfsermittlungsinstruments (B.E.Ni) im Land Bremen abgegeben. Der Landesteilhabebeirat sowie der Landesbehindertenbeauftragte verfolgen die Fachdiskussion von Beginn an und haben im Dezember 2018 eine Stellungnahme zur möglichen Einführung von B.E.Ni. abgegeben. In der gemeinsamen Stellungnahme an die Staatsräte für Soziales sowie Gesundheit sprechen sich Beirat sowie LBB für eine modifizierte Übernahme von B.E.Ni. aus. Ende Januar 2019 haben Staatsrat Jan Fries sowie Staatsrat Gerd-Rüdiger Kück in einem gemeinsamen Schreiben dem Beirat geantwortet.
Im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes wurden die Länder ermächtigt, unter anderem Regelungen zum Budget für Arbeit sowie zur Beteiligung von Interessenvertretungen behinderter Menschen am Abschluss von Rahmenverträgen zu treffen. Mit Blick auf das Budget für Arbeit fordern der LTHB sowie der LBB in einer gemeinsamen Stellungnahme von Ende November 2018, die Einschränkung beim Lohnkostenzuschuss "höchstens aber die durchschnittlich pro Arbeitsplatz im Arbeitsbereich der Werkstätten [...] entstehenden Kosten" zu streichen.
Mitglieder des Landesteilhabebeirats haben sich für die zukünftigen Aufgaben bezüglich der Umsetzung des BTHG in vier Schulungsmodulen durch das Referenten-Tandem Ottmar Miles-Paul und Horst Frehe qualifizieren lassen. Im Nachgang der ersten Schulungseinheiten hat der Landesteilhabebeirat zu einem Bremer Ausführungsgesetz zum Bundesteilhabegesetz Stellung genommen. In der Stellungnahme trifft der Beirat unter anderem Aussagen zur Beteiligung gemäß § 94 Absatz 4 SGB IX sowie zum Landesrahmenvertrag. Ein erster Entwurf eines Ausführungsgesetzes ist für Herbst 2018 geplant.
Nachdem der Deutsche Bundestag das BTHG bereits am 01. Dezember 2016 beschlossen hatte, hat am 16. Dezember 2016 auch der Bundesrat dem wichtigsten behindertenpolitischen Reformvorhaben dieser Legislaturperiode zugestimmt. Damit kann das Gesetz zum 01. Januar 2017 stufenweise in Kraft treten. Die Beauftragten von Bund und Ländern für die Belange behinderter Menschen haben dazu am 20. Dezember eine Erklärung abgegeben.
Bundesteilhabegesetz kommt - Teilhabe jetzt absichern und ausbauen (pdf, 1.5 MB)
Berichterstattung auf kobinet
Am 13. Juni 2016 nahm Horst Frehe auf Einladung der Senatorin für Soziales und des Landesbehindertenbeauftragten Stellung zum vorliegenden Referentenentwurf. Über 130 interessierte Zuhörer kamen im Kwadrat zusammen. Neben Horst Frehe brachten sich auch Staatsrat Jan Fries und Joachim Steinbrück immer wieder mit Redebeiträgen in die engagierte Debatte ein. Joachim Steinbrück machte bereits zu Anfang deutlich, dass der Entwurf hinter den Erwartungen geblieben ist. Mit Blick auf den nun folgenden kurzen Prozess rief der Beauftragte dazu auf, aktiv mit der Landesregierung sowie den Bundestagsabgeordneten aus Bremen ins Gespräch zu kommen.
Anfang Juni hat der Weser Kurier das Bundesteilhabegesetz im Politikteil thematisiert. Im Nachgang wandte sich die Politikredaktion mit dem Angebot an den Landesbehindertenbeauftragten, einen Gastkommentar zur derzeitigen Debatte zu schreiben. Der anliegende Beitrag von Joachim Steinbrück erschien auf Seite zwei in der Ausgabe am 11. Juni 2016.
Ende April 2016 ist der lang angekündigte Referentenentwurf zum Bundesteilhabegesetz vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlicht worden. Im Nachgang haben eine Vielzahl an unterschiedlichen Institutionen öffentlich Kritik am Entwurf geäußert. Neben dem Entwurf des BMAS möchten wir Ihnen eine Auswahl an Stellungnahmen zur Verfügung stellen.
Ende März 2015 forderten die Beauftragten von Bund und Ländern die Reform der Eingliederungshilfe zu einem Bundesteilhabegesetz auf eine finanzielle Grundlage zu stellen.
Hintergrund: Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD sah ursprünglich vor, die Kommunen über eine Reform der Eingliederungshilfe um fünf Mrd. € zu entlasten. Innerhalb der Koalition wurde nun jedoch entschieden, die Entlastung der Kommunen auf anderem Wege als über das Bundesteilhabegesetz sicherzustellen.
Die Initiatoren der Kampagne für ein gutes Bundes-Teilhabe-Gesetz haben die Kern-Forderungen in Leichter Sprache veröffentlicht. Seit Februar 2015 steht die Broschüre "Wichtige Forderungen für ein Bundes-Teilhabe-Gesetz", pdf allen Interessierten zur Verfügung zum Download zur Verfügung.
Ende November 2014 haben sich die Beauftragten mit einem gemeinsamen Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel gewendet. Sie thematisieren darin das sogenannte "Scholz-Schäuble-Papier" und sprechen sich einheitlich gegen die Idee vom Bundesfinanzminister und dem amtierenden Ersten Bürgermeister Hamburgs aus. Die Beauftragten des Bundes und der Länder fordern die Kanzlerin in ihrem Schreiben auf, sich an den Koalitionsvertrag zu halten und die Verbindung zwischen dem Bundesteilhabegesetz und den 5 Milliarden Euro kommunaler Entlastung bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nicht aufzugeben.
Ende 2013 haben sich die Arbeits- und Sozialminister der Länder für die Einführung eines Bundesteilhabegeldes für Menschen mit Behinderungen ausgesprochen. Ein wichtiger Zusatz zu der Forderung ist, dass eigenes Einkommen und Vermögen danach nicht angerechnet werden soll.
Im Zuge der Debatte um das Bundesteilhabegesetz haben eine Vielzahl von Verbänden und Interessenvertretungen eigene Positionspapiere publiziert. Gerne möchten wir Ihnen von folgenden Verbänden und Zusammenschlüssen diese zur Verfügung stellen:
Wie bereits im Eingangstext erwähnt, ist mit dem Antrag „Schaffung eines Bundesleistungsgesetz“ (Bundesrat Drucksache 282/12) vom 22. März 2013 sowie mit positiven Aussagen zu einem Bundesteilhabegesetz im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, eine neue Dynamik in die Debatte gekehrt. Hier finden Sie beide Dokumente: