Das neue Regio-S-Bahn-System ist im Dezember 2010 in der Region Bremen-Oldenburg-Bremerhaven auf vier Linien in Betrieb genommen worden. Von Beginn seiner Betriebsaufnahme an hat es auch von behinderten Menschen und ihren Vertretungen Kritik an den neuen Regio-S-Bahnen und den Bahnhöfen gegeben.
Vor diesem Hintergrund hatten die Behindertenbeauftragten der Länder Bremen und Niedersachsen für den 23.03.2011 Vertreterinnen und Vertreter behinderter Menschen, Mitglieder von Behindertenbeiräten und -verbänden sowie Beauftragte für die Belange behinderter Menschen zu einer gemeinsamen Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema "Regio-S-Bahn-System in der Region Bremen-Oldenburg-Bremerhaven" eingeladen.
Kritisiert wurde während dieser Veranstaltung vor allem, dass in den Fahrzeugen der Zugang zum Mehrzweckabteil für mobilitätsbeeinträchtigte Personen wegen der dort montierten Klappsitze zu eng ist, dass die Bewegungsfläche in diesem Mehrzweckbereich durch eine Haltestange für Rollstuhlnutzerinnen und -nutzer zu sehr eingeschränkt wird, dass zahlreiche Bahnhöfe im Netz der Regio-S-Bahn nicht barrierefrei sind und dass die Nordwestbahn als Betreiberin des Regio-S-Bahn-Systems trotz einer entsprechenden rechtlichen Verpflichtung bisher kein Programm zur barrierefreien Gestaltung der Fahrzeuge und Bahnanlagen vorgelegt hat.
In der während des Treffens verabschiedeten Resolution (die vollständige Resolution (doc, 30 KB)können Sie hier herunterladen) werden die Nordwestbahn sowie die beiden Aufgabenträger, die Freie Hansestadt Bremen sowie die Niedersächsische Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG), aufgefordert, Maßnahmen zur Beseitigung der genannten Kritikpunkte zu ergreifen.
Weiter wird die Nordwestbahn in der Resolution aufgefordert, unter Beteiligung der nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) verbandsklageberechtigten Verbände bzw. ihrer regionalen Gliederungen sowie von Behindertenbeauftragten und -beiratsmitgliedern aus der Region Bremen-Oldenburg-Bremerhaven ein Programm zur (weiteren) Gestaltung der Fahrzeuge und Bahnanlagen mit dem Ziel einer möglichst weitreichenden Barrierefreiheit für deren Nutzung zu erarbeiten, das insbesondere auch einen konkreten Zeitplan zur Herstellung der Barrierefreiheit an allen Haltepunkten im Regio-S-Bahn-System enthalten soll.
Wegen des bisher nicht vorgelegten Programms zur Herstellung der Barrierefreiheit sowie der Kritik an dem Mehrzweckabteil für mobilitätsbeeinträchtigte Personen hatten die Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen Bremen e.V. und der Verein Selbstbestimmt Leben Bremen e.V. bereits im vergangenen Herbst ein Widerspruchs- und Verbandsklageverfahren eingeleitet.
"Eine möglichst weitreichende Barrierefreiheit der Regio-S-Bahn wie sie gesetzlich verlangt wird ist noch nicht gegeben. Die Resolution fordert, dass die von mir und den Behindertenverbänden erarbeiteten Vorschläge auch tatsächlich berücksichtigt werden", erklärt Karl Finke, der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen.
Bremens Landesbehindertenbeauftragter Dr. Joachim Steinbrück ergänzt: "Die bisherige Entwicklung lässt sich so zusammenfassen: gute Beteiligung, unbefriedigende Ergebnisse. Auch wenn die Niedersächsische Landesnahverkehrsgesellschaft den im März vergangenen Jahres für den Zugang zum Mehrzweckabteil erarbeiteten Kompromiss abgelehnt hat, sind wir weiterhin im Interesse der Barrierefreiheit an einem Dialog mit der LNVG, und dem zweiten Auftraggeber, nämlich dem in Bremen zuständigen Bau- und Verkehrsressort sowie der Nordwestbahn als Betreiberin interessiert. Deshalb werden wir sie zu einer Folgeveranstaltung am 29. Juni 2011 einladen".