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Suizidhilfe – (Auch) eine Bedrohung für behinderte Menschen?

Dokumentation

Das Foto zeigt das Podium
Foto LBB

Gemeinsam mit dem Verein „SelbstBestimmt Leben Bremen“ haben wir Mitte April 2024 die Veranstaltung „Hilfe zum Suizid - Eine Bedrohung für behinderte Menschen? durchgeführt. Das Bundesverfassungsgericht hat 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen, auf Wiederholung angelegten Suizidhilfe für nichtig erklärt und das Recht auf selbstbestimmtes Sterben verfassungsrechtlich anerkannt. Eine gesetzliche Regelung gibt es jedoch noch nicht.

In der 120minütigen Hybridveranstaltung haben wir versucht die mehr als 250 Teilnehmenden darüber zu informieren, wie der aktuelle Stand der Debatte ist. Hauptaugenmerk der Veranstaltung lag auf der Frage, welche Probleme und Bedrohungen für behinderte Menschen zukünftig entstehen könnten. Neben Arne Frankenstein und Joachim Steinbrück haben auf dem Podium Swantje Köbsell, Christof Ronge sowie Kirsten Kappert-Gonther Platz genommen.

Menschen dürfen selbst entscheiden, wann sie ihr Leben beenden wollen. Früher hat man das Selbstmord genannt, der Begriff Suizid ist aber besser. Offen sind die Fragen: Wie darf man Menschen dabei helfen? Und wie ist das bei Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung? Wie ist das bei Menschen, die nur teilweise selbst entscheiden können?

Menschen, die anderen beim selbstbestimmten Sterben helfen, nennt man Sterbehelfer. Die Regeln für sie sind im Moment nicht klar. Damit hat sich auch das höchste Deutsche Gericht befasst. Bis 2020 war es verboten, mehrmals anzubieten, Menschen beim Sterben zu helfen.
Dahinter steckten mehrere Sorgen. Vor allem sollte die Hilfe beim Sterben kein Geschäft sein. Das hat das Bundesverfassungsgericht anders gesehen. Es hat das Verbot aufgehoben. Jeder hat seitdem das Recht, selbst zu entscheiden, ob er sterben will. Diese Entscheidung muss freiverantwortlich sein. Dies bedeutet vor allem: Sie muss frei sein.

Vor allem muss sie frei sein von anderen. Und sie darf nicht von einer Krankheit oder psychischen Störung beeinflusst sein. Oder durch zu wenig Assistenz im Leben. Wer sein Leben beenden möchte, muss genau wissen, was das bedeutet. Wie das abläuft und welche Folgen das hat. Man darf auch nicht von anderen unter Druck gesetzt werden. Und man muss den Wunsch eine längere Zeit haben, nicht nur manchmal

Aber: Bisher ist nicht klar, was genau erlaubt ist. Es gibt dafür bislang kein Gesetz. Nicht geregelt ist, wie beispielsweise Ärztinnen oder Ärzte beim Sterben helfen dürfen.
Es gibt aber schwer kranke Menschen, die ihr Leben beenden möchten. Hierfür brauchen sie häufig Hilfe. Die Sterbehelfer kommen dann an Grenzen. Sie wissen manchmal nicht, was erlaubt ist und was nicht. Und manchmal überschreiten sie ihre Grenzen. Und Sie tun dann Dinge, die nicht erlaubt sind. Zum Beispiel, wenn jemand sterben möchte, der das nicht selbst entscheiden kann.

Ein Gericht hat dazu gerade im Februar ein Urteil getroffen. Es hat den Sterbehelfer und Arzt Johann Spittler verurteilt. Er bekam eine Gefängnisstrafe von drei Jahren wegen Totschlags. Er hatte bescheinigt, dass ein kranker Mensch über seinen Tod entscheiden durfte. Das Gericht stellte aber fest: Das konnte der Mann nicht. Und der Arzt durfte das nicht bescheinigen. In Berlin gibt es gerade ein anderes Gerichtsverfahren. Es richtet sich gegen einen Arzt im Ruhestand. Er hatte einer Studentin mit schweren Depressionen beim Suizid geholfen. Die Hilfe beim Sterben sorgt also für viel Streit und unterschiedliche Ansichten.

Im Sommer 2023 wollte der Bundestag das Problem lösen. Er wollte ein Gesetz beschließen, dass die Hilfe beim Suizid regelt. Dieser Plan ist gescheitert. Es gab zwei unterschiedliche Ideen dafür, aber keine hat eine Mehrheit bekommen. Der Bundestag stimmte allerdings einem anderen Antrag zu. Er hieß „Suizidprävention stärken“. Er sieht vor, dass Ideen entwickelt werden. Das Ziel: Weniger Menschen sollen sich wünschen, ihr Leben zu beenden. Ein Gesetzentwurf hierzu soll bis zum 30.06.2024 vorgelegt werden.

Wir sprechen darüber

Über einen wichtigen Punkt hat der Bundestag aber nicht öffentlich diskutiert. Nämlich über die Frage: Wie frei treffen Betroffene die Entscheidung, zu sterben? Können sie das wirklich selbstbestimmt entscheiden? Oder werden sie von anderen Einflüssen dazu gedrängt? Zum Beispiel, wenn es keine Assistenz gibt. Oder wenn die Pflege schlecht ist. Oder wenn es keine guten Wohnungen oder Wohneinrichtungen für behinderte Menschen gibt. Oder wenn sie nicht gut behandelt werden können. Zum Beispiel, weil es immer weniger Ärzte gibt. Und auch bei alten Menschen können solche schlechten Bedingungen die Entscheidung beeinflussen. In anderen Ländern ist die Hilfe zum Suizid schon seit Langem erlaubt. Auch dort gibt es Sorgen, dass behinderte Menschen lieber sterben wollen. Zum Beispiel wegen schlechter Betreuung und schlechter gesundheitlicher Versorgung.

Der Landesbehindertenbeauftragte und der Verein „Selbstbestimmt Leben Bremen“ wollen darüber sprechen!
Wir wollen darüber informieren, wie der aktuelle Stand ist. Was diskutieren die entscheidenden Personen in Berlin? Und was wird im Bundestag genau besprochen und beschlossen? Wir sprechen darüber, welche Probleme und Bedrohungen für behinderte Menschen entstehen könnten.

Wir schauen auch auf Menschen, die nicht mehr gesundwerden können. Manchmal können Krankheiten nicht mehr geheilt werden. Dann bekommen die Betroffenen zum Beispiel Schmerzmittel. Und so kann für sie das Ende des Lebens erträglich gestaltet werden. Diese Behandlung heißt Palliativmedizin. Wir fragen: Wie verändert sich diese, wenn Hilfe zum Suizid erleichtert wird?

Zuerst hören wir drei kurze Vorträge zu den genannten Themen. Dann diskutieren die Expertinnen und Experten. Die Frage: Was kann der Gesetzgeber tun, damit die Selbstbestimmung gewahrt bleibt? Alle behinderten Menschen müssen selbstbestimmt entscheiden können. Wo wollen sie leben? Mit wem wollen sie leben? Wie können sie gut leben? Erst dann ist ihr Leben wirklich selbstbestimmt. Und erst dann kann ihre Entscheidung für einen Suizid wirklich selbstbestimmt sein.

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14:30 Uhr Ankommen

15:00 Uhr
Begrüßung und Einleitung in das Thema
Arne Frankenstein (Landesbehindertenbeauftragter der Freien Hansestadt Bremen)
Dr. Joachim Steinbrück (Vorstand SelbstBestimmt Leben)

15:15 Uhr
Die Bedeutung der aktuellen Debatte um Suizidhilfe für behinderte Menschen
Prof. a.D. Dr. Swantje Köbsell (SelbstBestimmt Leben)

15:30 Uhr
Die Rolle der Palliativmedizin
Christof Ronge (Leitender Arzt, "Ambulanter Palliativdienst Bremen")

15:45 Uhr
Die rechtliche Situation heute und der Stand der Diskussion im Bundestag
Dr. Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen)

16:00 Uhr
Podiumsgespräch

16:50 Uhr
Zusammenfassung, Bewertung, Ausblick und Abschluss
Arne Frankenstein und Dr. Joachim Steinbrück

17:00 Uhr Ende der Veranstaltung

Moderation: Jens-Christian Meyer, Prof. Dr. Marianne Hirschberg und Kai Baumann

Kernsätze • Basis für selbstbestimmte Entscheidungen über Leben und Sterben ist eine inklusive Gesellschaft. • Niemand darf aufgrund schlechter Rahmen bedingungen in den Suizid getrieben werden. • Palliative Angebote müssen gestärkt werden und zugänglich sein. • Bei allen weiteren Beratungen müssen auf allen Ebenen Vertreter:innen von Behinderten verbänden und von Betroffenen mitwirken • Behinderung darf kein Grund dafür sein, ein Leben als weniger wert anzusehen. • Eine palliativmedizinische Beratung von betroffenen Personen sollte vor einer persönlichen Entscheidung sichergestellt werden. • Die UN Behindertenrechtskonvention schreibt das Recht auf (ein selbstbestimmtes) Leben als Menschenrecht fest. Dafür muss die Politik Bedingungen schaffen • Nur wer in guten Verhältnissen und mit guter Unterstützung/ Assistenz leben kann, entscheidet frei über Leben und Sterben. Die Entscheidung für einen Suizid darf nicht unter dem Druck schlechter Lebensbedingungen erfolgen • Die eigenverantwortliche Entscheidung zum Suizid ist zu akzeptieren. • Das sogenannte Recht auf Hilfe durch Dritte (Sterbehilfeorganisationen) schwächt die Position Hilfebedürftiger. Ein Verwaltungsakt, als Akt einer Dienstleistungsnormierung, wird der Komplexität von Sterbewünschen nicht gerecht.
Foto LBB

Alle Podiumsteilnehmenden der Veranstaltung haben Ihre Beiträge mit Kernsätzen beendet. Diese geben die Debatte rund um das Thema gut wieder. Die Kernsätze lauten:

  • Basis für selbstbestimmte Entscheidungen über Leben und Sterben ist eine inklusive“ Gesellschaft.
  • Niemand darf aufgrund schlechter Rahmenbedingungen in den Suizid getrieben werden.
  • Palliative Angebote müssen gestärkt werden und zugänglich sein.
  • Bei allen weiteren Beratungen müssen auf allen Ebenen Vertreter:innen von Behindertenverbänden und von Betroffenen mitwirken.
  • Behinderung darf kein Grund dafür sein, ein Leben als weniger wert anzusehen.
  • Eine palliativmedizinische Beratung von betroffenen Personen sollte vor einer persönlichen Entscheidung sichergestellt werden.
  • Die UN-Behindertenrechtskonvention schreibt das Recht auf (ein selbstbestimmtes) Leben als Menschenrecht fest. Dafür muss die Politik Bedingungen schaffen.
  • Nur wer in guten Verhältnissen und mit guter Unterstützung/ Assistenz leben kann, entscheidet frei über Leben und Sterben. Die Entscheidung für einen Suizid darf nicht unter dem Druck schlechter Lebensbedingungen erfolgen.
  • Die eigenverantwortliche Entscheidung zum Suizid ist zu akzeptieren.
  • Das sogenannte Recht auf Hilfe durch Dritte (Sterbehilfeorganisationen) schwächt die Position Hilfebedürftiger. Ein Verwaltungsakt, als Akt einer Dienstleistungsnormierung, wird der Komplexität von Sterbewünschen nicht gerecht.
Foto von Stas Knop von Pexels - Kassette
Foto von Stas Knop von Pexels


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Auf folgender Seite ist der Download des Audio-Mitschnitts der Veranstaltung möglich.

Bei Problemen wenden Sie sich bitte an office@LBB.bremen.de

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Jens-Christian Meyer
Es sollten Stifte und Zettel gelegen haben jeweils auf den Stühlen, sodass auch ihr, sodass Sie die Möglichkeit haben, eine Frage, einen Impuls aufzuschreiben. Im zweiten Teil der Veranstaltung werde ich dann rumlaufen und die einsammeln und schauen, dass ich die schon so ein bisschen geclustert kriege, damit wir die dann auch als Impulse an die Bühne geben können, ans Podium. So versuchen wir dann in dieser kurzen Zeit dieses sehr breite Thema heute einmal zu diskutieren und dann wollen wir mal schauen, wie es dann nach dieser Diskussion möglicherweise weitergeht.
Ja, schauen wir doch mal darauf, was wir hier im Podium jetzt gleich hören werden. Genau, ich hoffe, dass man einigermaßen gut auch hier auf den Bildschirm sehen kann. Das ist aber nicht so entscheidend, weil alles gleich mündlich vorgetragen wird. Und ich stelle einfach mal in der Reihenfolge ihres Auftritts die Menschen vor, die hier rechts neben mir sitzen. Gleich los geht es mit Arne Frankenstein, dem Landesbehindertenbeauftragten, gemeinsam mit Dr. Joachim Steinbrück, auch sicherlich Vielen bekannt, der Vorgänger sozusagen im Amte, und heute in entscheidender Stelle bei Selbstbestimmt Leben dabei.
So, dann haben wir anschließend Prof. Dr. Swantje Köbsell, hier direkt zu meiner Rechten. Sie wird dieses Thema, die Bedeutung der aktuellen Debatte um Suizidhilfe für behinderte Menschen einsortieren. Einsortieren im Sinne von, dass wir erstmal eine gemeinsame Grundlage, ein gemeinsames Verständnis davon haben, worüber wir sprechen.
Christof Ronge – wenn du dich mal kurz meldest – so genau, Christof Ronge leitet die Palliativmedizin in Bremen und ist sozusagen in diesem Thema, ihm kommt eine ganz wichtige Rolle dazu und Christof Ronge wird uns einen Einblick geben darin, was eure Arbeit, aber auch eure Perspektiven angeht in genau diesem Thema. Wie ihr, wenn ihr denn unterstützen wollt, was ihr dafür benötigt und welche Rolle die Palliativmedizin dabei einnehmen kann und muss.
Dann haben wir, sicherlich auch Vielen vom Gesicht her bekannt, die Dr. Kirsten Kappert-Gonther da. Schön, dass du da bist. Aus Berlin, ist sozusagen unsere Standleitung in diesem Thema von Bremen nach Berlin. Aber nicht nur das: Dr. Kirsten Kappert-Gonther ist natürlich auch in diesem Thema fit, sehr fit sogar. Sie diskutiert in Berlin direkt zu diesem Thema und wird uns dann auch einen kurzen Einblick geben, wie die rechtliche Situation, der Stand der Diskussion heute ist und wird dankenswerterweise aus dieser Veranstaltung den Impuls dann weitertragen nach Berlin in diese Runde, damit Berlin weiß, was Bremen denkt und wie wir sie unterstützen können dort.
Ja, und dann sitzt hier noch Professor Dr. Marianne Hirschberg. Prof. Dr. Marianne Hirschberg übernimmt dann im zweiten Teil die Moderation des Podiums; also zu der Zeit, wo ich dann hier rumlaufe und eure und Ihre Fragen und Impulse einsammle. Damit geht es dann aufs Podium und dort wollen wir dann die hier vorbereiteten Fragen mit den Fragen mischen, die wir schon zahlreich bekommen haben über eure und über die Anmeldung derer, die am Bildschirm sitzen. Das sind ausgedruckt gut anderthalb Meter, würde ich sagen, Kai Baumann. Das kommt wahrscheinlich hin, die haben wir da auch schon mit eingeflochten.
Jetzt soll es dann auch gleich losgehen. Ich darf mich noch ganz kurz vorstellen. Ich bin Jens-Christian Meyer und gemeinsam mit unserem Regisseur Kai Baumann darf ich euch und Sie hier heute durch diese Veranstaltung begleiten. Danke dafür. So, vielen Dank.
Die beiden Herren beginnen. Bitte sehr.

Joachim Steinbrück
Ich beginne, so haben Arne Frankenstein und ich das abgesprochen. Zunächst möchte ich euch und Sie auch im Namen von Arne Frankenstein ganz herzlich zu dieser Veranstaltung begrüßen, im Namen des Landesbehindertenbeauftragten gewissermaßen und des Vereins Selbstbestimmt Leben Bremen. Wir führen diese Veranstaltung gemeinsam durch und ich denke, ohne die organisatorische Unterstützung des Teams des Landesbehindertenbeauftragten wäre diese Veranstaltung auch gar nicht möglich gewesen oder geworden. Ich freue mich sehr darüber, dass diese Veranstaltung auf so großes Interesse gestoßen ist, sowohl hier in Präsenz als auch online via Zoom. Die Suizidhilfe ist ein schwieriges Thema und, das habe ich neulich selbst gemerkt, als mir eine gute langjährige Freundin erzählte, sie sei jetzt der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben beigetreten, sind bei mir irgendwie Alarmglocken angegangen und ich habe sehr emotional reagiert - vielleicht auch überreagiert. Das hat mir nochmal bewusstgemacht, wie schwierig für viele Menschen dieses Thema ist, wie heikel es auch ist, zumindest für mich, und deshalb möchte ich auch mit einigen etwas persönlich gehaltenen Worten beginnen.
Sind Sie schon mal gefragt worden, an deiner Stelle würde ich mir das Leben nehmen? Ich schon, nur, weil ich nicht sehen kann. Komisch, oder? Ich kenne eine Person, die mit 17 Jahren vollständig erblindet ist und die, nachdem diese Erblindung eingetreten war, von ihrer Mutter gefragt worden ist, soll ich dir Tabletten besorgen. Tabletten, damit waren Tabletten gemeint, mit denen sie sich hätte das Leben nehmen können oder sollen. Auch andere Menschen mit anderen Beeinträchtigungen erleben immer wieder, dass es die Vorstellung gibt, es wäre doch besser, wenn sie sich das Leben nehmen würden. Weil die Vorstellung darin besteht, dass sie unter ihrer Beeinträchtigung stark und ständig leiden. Oft ist es aber gar nicht die Beeinträchtigung selbst, die Leid auslöst, sondern es sind die Bedingungen, unter denen Menschen mit Beeinträchtigungen auch in unserer reichen, hochentwickelten Industriegesellschaft leben und leiden.
Mir persönlich sind aus meiner früheren Tätigkeit Fälle bekannt, wo jemand wochenlang seine Wohnung im dritten Stock nicht verlassen konnte, weil der Aufzug defekt war, auf den diese Person als Rollstuhlnutzer angewiesen war. Ersatzteile zu beschaffen, hat angeblich so lange gedauert. Es kommt vor, dass Menschen auf die Reparatur oder den Ersatz ihres E-Rollstuhls Wochen oder gar Monate warten und deswegen stark in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Es kommt vor, dass Menschen tagelang im Bett bleiben müssen, weil die notwendige Assistenz nicht zur Verfügung steht oder die Assistenzstunden gekürzt worden sind. Das sind Situationen, die Leid auslösen, aber nicht die Beeinträchtigung selbst, sondern die Bedingungen, unter denen Menschen mit Beeinträchtigungen häufig in unserer Gesellschaft leben oder leben müssen. Das vielleicht als Vorspann und auch ein bisschen als Gedanke im Hinterkopf, deutlich zu trennen zwischen der Beeinträchtigung und den Bedingungen, unter denen vielleicht Menschen mit Beeinträchtigung - dies gilt natürlich auch für ältere und pflegebedürftige Menschen - leben müssen, weil ihnen ein würdevolles Leben mit der Beeinträchtigung nicht gewährleistet wird oder ist.
Die aktuelle Diskussion um Hilfe zum Suizid hat nochmal wieder Fahrt aufgenommen, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Februar 2020 ein Urteil gefällt hat, mit dem es einerseits verfassungsrechtlich das Recht, sich selbst das Leben zu nehmen, anerkannt hat, und gesagt hat, dieses Recht ist Ausfluss des Rechtes auf Selbstbestimmung. Man soll eben diesem Urteil zufolge auch selbst darüber bestimmen können, sich selbst das Leben zu nehmen und das Bundesverfassungsgericht hat das im Strafgesetzbuch damals bestehende Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe für verfassungswidrig erklärt. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Urteil auch – darauf kommen wir später noch zurück – deutlich gemacht, dass der Gesetzgeber, also der Bundestag, die Kompetenz und die Möglichkeit hat, genauere Rahmenbedingungen, unter denen Hilfe zum Suizid in unserer Gesellschaft erfolgen kann, regeln kann. Also der Gesetzgeber hat hier einen Gestaltungsspielraum. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung aber auch etwas ganz Wichtiges gesagt: Nämlich die Entscheidung, sich selbst das Leben zu nehmen, muss freiverantwortlich sein. Das ist erstmal ein etwas schwieriger Begriff. Wichtig ist dabei – nach dem Bundesverfassungsgericht, das eben versucht hat, diesen Begriff Freiverantwortlich zu definieren – dass die Entscheidung, sich selbst das Leben zu nehmen, wohl überlegt sein muss, frei von unzulässiger Einflussnahme und Druck. Weitere Voraussetzung ist die Fähigkeit, seinen Willen frei und unbeeinflusst von einer akuten psychischen Störung bilden zu können und nach diesem Willen oder dieser Einsicht auch handeln zu können. Wichtig dabei ist, dass das Bundesverfassungsgericht deutlich macht, dass die betroffene Person alle wichtigen und wesentlichen Aspekte für ihre Entscheidung kennen, vor allem auch Alternativen kennen, muss. Ein Beispiel dafür ist: Wenn jemand sagt, er möchte eben aufgrund seiner Erkrankung nicht an starken Schmerzen im Sterbeprozess leiden, sich vielleicht auch damit auseinanderzusetzen, welche Möglichkeiten hier die Palliativmedizin in unserem System bietet. Ein wichtiger Hinweis auch mit Blick auf den Bundestag – so empfinde ich es jedenfalls – ist vom Bundesverfassungsgericht, dass diese Notwendigkeit, dass die betroffenen Personen Alternativen zu ihrer Selbsttötung kennen müssen. Der Hinweis darauf, dass dies voraussetzt, dass auch Beratung zu dieser Frage stattfindet. Die Suizidentscheidung muss darüber hinaus von einer gewissen Dauerhaftigkeit und inneren Festigkeit geprägt sein. Das sind alles Anforderungen, die sich darin begründen, dass das Bundesverfassungsgericht auch davon ausgeht - oder vor allem davon ausgeht - dass es eben eine Schutzpflicht des Staates gibt, das Leben und das Recht auf Selbstbestimmung zu schützen. Das Recht auf Selbstbestimmung reduziert sich also nicht darauf, selbst zu entscheiden, ich will nicht mehr leben, und dafür auch Hilfe zu bekommen; sondern vielmehr wird umgekehrt ein Paar Schuh daraus, nämlich in erster Linie besteht die Pflicht des Staates darin, das Leben zu schützen und das Recht auf Selbstbestimmung. Das Recht auf Selbsttötung oder das Recht darauf, sich selbst das Leben zu nehmen, ist sozusagen nur ein Aspekt des Rechts auf Selbstbestimmung. Die Schutzpflicht, das Leben zu schützen, ist eine andere. Daraus begründet sich auch die Anforderung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Entscheidung freiverantwortlich sein muss, also diese Kriterien, die ich gerade versucht habe, darzustellen, erfüllen muss. Das ist für die weitere Diskussion wichtig. Das Bundesverfassungsgericht - die Entscheidung ist im Original 92-PDF-Seiten lang - hat sich also sehr differenziert, wie ich meine, mit dieser Frage des Rechts auf Selbsttötung auseinandergesetzt. Hat auch auf Gefahren hingewiesen, ich denke, die werden hier nachher auch noch eine wichtige Rolle spielen. Dass es nämlich eine Normalisierung geben könnte, dass der Suizid und die Hilfe zum Suizid etwas Selbstverständliches in unserer Gesellschaft werden und andere Alternativen hierzu zurückgedrängt werden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht wurde damals von Experten auch darüber berichtet, dass in niederländischen Alters- und Pflegewohnheimen inzwischen die Sterbehilfe und der Suizid aktiv angeboten würde, wodurch natürlich auch schon die Entwicklung eines gewissen Drucks entsteht. Und das Bundesverfassungsgericht weist darauf hin, dass in einem System, in dem es Versorgungslücken in der medizinischen Versorgung, aber auch in der Pflege gibt, der Druck auf Menschen, sich selbst das Leben zu nehmen, stärker werden könnte. Und deshalb liegt - ich glaube, da kann ich für uns hier auf dem Podium sprechen - die Pflicht auch des Staates darin, dafür zu sorgen, dass eben nicht die Verhältnisse so schlecht werden, oder noch schlechter werden, dass Menschen gewissermaßen in den Suizid getrieben werden. Damit würde ich jetzt an Arne Frankenstein übergeben und bedanke mich schon einmal für Ihre und eure Aufmerksamkeit.

Arne Frankenstein
Sehr geehrte Teilnehmende, lassen Sie mich unmittelbar anknüpfen an das, was Joachim Steinbrück gerade gesagt hat. Deutschland hat die Pflicht und den Auftrag, sich zu einer inklusiven Gesellschaft zu entwickeln. Das ergibt sich seit 30 Jahren aus dem besonderen Benachteiligungsverbot in der Verfassung, das nicht nur ein Antidiskriminierungsrecht ist, sondern eben auch den Anspruch vermittelt, tatsächlich eine gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen zu organisieren. Und dieser Verantwortung - das möchte ich hier nochmal an den Anfang stellen - kommt Deutschland derzeit nicht hinreichend nach. Zuletzt hat das im Herbst des vergangenen Jahres der UN-Fachausschuss über die Rechte von Menschen mit Behinderung noch einmal ganz ausdrücklich festgestellt und Deutschland scharf dafür kritisiert, dass es die Konvention nicht hinreichend umsetzt.
Sehr geehrte Teilnehmende, man muss es, glaube ich, so deutlich benennen, die Entwicklung hin zu einer inklusiven Gesellschaft ist gegenwärtig kein politischer Handlungsschwerpunkt und die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention droht gewissermaßen in eine Sackgasse zu laufen. Wir müssen, glaube ich, heute auch nochmal ganz ausdrücklich festhalten, dass Inklusionsbekenntnisse bei gleichzeitigem Einsatz tradierter Sondersysteme, die immer noch das Leben behinderter Menschen prägen, nicht ausreichen. Und wir brauchen – das will ich hier nochmal ganz ausdrücklich sagen – aus meiner Sicht, einen Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik weg von der Politik der kleinen Schritte hin zu einer ernsthaften Transformation im Sinne der Behindertenrechtskonvention.
Warum sage ich das im Kontext der Debatte heute? Nun, weil die Basis für selbstbestimmte Entscheidungen über Leben und Sterben eben nach meinem Dafürhalten und auch unter Berücksichtigung dessen, was das Bundesverfassungsgericht zur Freiverantwortlichkeit ausgeführt hat, eine inklusive Gesellschaft ist. Und eine inklusive Gesellschaft meint eine solche, in der alle Menschen, unabhängig von Art und Schwere der Behinderung, die gleichen Chancen, die gleichen Rechte und die gleichen Möglichkeiten haben. Und eine solche sind wir gegenwärtig nicht und ich würde auch sagen, wir sind es noch lange nicht. Wenn wir eine solche wären, dann wäre sichergestellt, – das klang bei Joachim Steinbrück eben auch schon an – dass Menschen mit hohen Unterstützungsbedarfen in ihren eigenen vier Wänden mit bedarfsgerechter Assistenz rund um die Uhr leben könnten. Das gilt für Menschen jeden Alters, aber ich glaube, in einer immer älter werdenden Gesellschaft, dass eben auch gerade für ältere Menschen, da in Abhängigkeit des Alters auch ein deutlich größeres Risiko entsteht, an den Rand der Gesellschaft zu geraten, wenn Selbstbestimmung versagt wird, und - im Kontext der Veranstaltung heute - eben dadurch auch möglicherweise Suizidentschlüsse befördert werden könnten. Dass dies aber nicht in der Realität so ist, sondern auch in der Gedankenwelt vieler Menschen verankert ist, will ich am Beispiel meiner Schwiegermutter noch mal deutlich machen. Also ich habe auch eine persönliche Bemerkung mitgemacht. Sie sagte mir nämlich kürzlich und falls Sie mich nicht kennen, ich nutze 24 Stunden Assistenz, benötige eigentlich bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens Hilfe. Sie sagte mir, dass sie sich die Kugel geben wolle, wenn sie ein Pflegefall würde. Und ich finde, dass sie gerade mir das sagte, einem nach Kategorien des Pflegeversicherungsrechts „Schwerstpflegebedürftigen“, ohne dass sie dabei jemals in Erwägung ziehen würde, dass ich, der Vater ihrer Enkelkinder, sich nun umbringen müsse. Das zeigt aus meiner Sicht sehr viel über die gesellschaftlichen Bilder, die eben auch ganz allgemein mit dem Thema Behinderung zusammenhängen.
Wir werden von Professorin Doktor Swantje Köbsell hören - und darauf freue ich mich -, wie tief eingeschrieben die Benachteiligung behinderter Menschen und die Bewertung behinderten Lebens als unwert in unseren gesellschaftlichen Strukturen ist. Und deshalb – das ist, glaube ich, noch mal an den Anfang zu stellen, auch wichtig – wohnt Entscheidungen über Leben und Sterben aus meiner Sicht auch in Zukunft immer noch die Gefahr inne, dass diese nicht frei verantwortlich erfolgen kann, solange wir nicht zu wesentlichen Verbesserungen bei der Teilhabe behinderter Menschen kommen.
Zu den Wesensmerkmalen einer inklusiven Gesellschaft gehört nach alledem die Sicherstellung der Würde behinderter Menschen und ihrer Selbstbestimmung, und zwar über das ganze Leben hinweg. Und um diesem Anspruch zu genügen, müssen wir die Rahmenbedingungen einer inklusiven Gesellschaft in den Blick nehmen. Und aus meiner Sicht muss vor diesem Hintergrund eben auch sichergestellt werden, dass ausreichende und für alle zugängliche Angebote der palliativen Beratung und Versorgung bestehen. Und ich freue mich deshalb sehr, dass Christof Ronge, der ärztliche Leiter des ambulanten Palliativdienstes am Klinikum Links der Weser, heute diesen ganz wesentlichen Baustein für eine Lösung auch unter Einbezug seiner Praxiserfahrung hier vertiefen wird.
Sehr geehrte Teilnehmende, mein Anspruch an die Debatte um eine rechtliche Regelung der Gestaltung der Suizidhilfe ist, dass niemand aufgrund schlechter Rahmenbedingungen in den Suizid getrieben wird. Das hatte Joachim Steinbrück eben auch so formuliert. Wir haben im Vorfeld ja relativ viele Fragen bekommen – darauf hatte Jens-Christian Meyer hingewiesen – und eine will ich an dieser Stelle stellvertretend für die Befürchtung behinderter Menschen hier nochmal benennen. Zitat: „Ich habe große Angst davor, dass der politische und gesellschaftliche Druck auf Menschen wie mich, der mit einer fortgeschrittenen Muskelerkrankung lebt, zunimmt und immer deutlicher von uns erwartet wird, dass wir uns umbringen lassen.“ Ich glaube, eine rechtliche Regelung der Gestaltung der Suizidhilfe muss sich daran messen lassen und anerkennen, dass der Schutz besonders vulnerabler Personen eben auch besondere Anforderungen stellt. Und unseres Erachtens – da spreche ich jedenfalls für die Veranstalter – bedarf es vor diesem Hintergrund eben auch ganz ausdrücklich einer gesetzlichen Regelung der Suizidhilfe, die vor allen Dingen darauf gerichtet sein muss, diese Freiverantwortlichkeit sicherzustellen. Die Suizidhilfe darf nicht allein denjenigen überlassen bleiben, die Suizidhilfe geschäftsmäßig betreiben.
Die heutige Veranstaltung soll zu dieser Ausgestaltung einen Beitrag leisten, das haben wir am Anfang schon gesagt. Und ich glaube, dass es trotzdem auch wichtig ist, die erforderliche Positionierung der Selbstvertretungsorganisationen behinderter Menschen weiter auch in den Prozess einzubeziehen. Die Veranstaltung heute kann das natürlich nicht ersetzen. Ich glaube, dass gerade behinderte Menschen in ihrer Vielfalt in diesen weiteren Prozess einbezogen werden müssen. Und ich glaube, dass die Politik gut daran täte, das von Anfang an bei den weiteren Beratungen sicherzustellen, damit das eben auch Eingang finden kann. Bevor wir uns dann im weiteren Verlauf hier am Ende der Veranstaltung auch nochmal Wiederhören, wünsche ich Ihnen jetzt aber erstmal eine erkenntnisreiche Veranstaltung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Jens-Christian Meyer
Vielen Dank, Arne Frankenstein. Ja, ich darf ganz kurz die vier Kernsätze von Arne Frankenstein und von Joachim Steinbrück vortragen.
Satz 1: Basis für selbstbestimmte Entscheidungen über Leben und Sterben ist eine inklusive Gesellschaft.
Satz 2: Niemand darf aufgrund schlechter Rahmenbedingungen in den Suizid getrieben werden.
Satz 3: Palliative Angebote müssen gestärkt werden und zugänglich sein.
Satz 4: Bei allen weiteren Beratungen müssen auf allen Ebenen Vertreter:innen von Behindertenverbänden und von Betroffenen mitwirken.
Danke.
Soweit unsere ersten Redner. Jetzt ist es soweit, dass Professor Doktor Swantje Köbsell die Bedeutung der aktuellen Debatte um Suizidhilfe für behinderte Menschen vorträgt. Wir kämpfen gerade noch ein bisschen mit der Technik. Ihr seht das hier, wir sind nicht unterwandert worden, sondern irgendein Kabel ist da lose. Deswegen müssen wir gerade etwas improvisieren. Okay. Wir sind startklar. Swantje Köbsell, du hast das Wort.

Swantje Köbsell
Von mir auch noch mal herzlich willkommen. Wer mich kennt, weiß, dass das ein Thema ist, das mich seit vielen Jahren begleitet. Und nicht nur mich, sondern überhaupt die westdeutsche Behindertenbewegung. Und aus der Position spreche ich heute. Denn Bremen ist ja eine der Keimzellen der Behindertenbewegung gewesen. Die Älteren erinnern sich vielleicht noch. Und ich denke, es ist in dem Kontext – auch wenn Viele die Augen verdrehen, wenn sie hören, schon wieder Geschichte – aber ich denke, gerade bei einem solchen Thema darf die Geschichte nicht aus den Augen verloren werden oder aus den Gedanken.
Also mir geht es darum, noch mal ein bisschen was dazu zu sagen, welche Bedeutung diese aktuelle Debatte um Suizidhilfe für behinderte Menschen hat. Und da ist eben tatsächlich der lange Schatten der Geschichte einer, den man immer wieder trifft. Und ich denke, alle werden es wissen, ich sage es trotzdem noch mal: Es hat einen Vorlauf gehabt. Aber wenn wir in diesem Kontext vom langen Schatten der Geschichte sprechen, dann geht es in der Regel immer um die NS-Zeit, in der ungefähr 300.000 sogenannte erbkranke Menschen, behinderte Menschen, psychisch kranke Menschen, erst zwangssterilisiert und viele von diesen dann eben auch ermordet wurden. Und das ist eine historische Erfahrung, die für die entstehende Behindertenbewegung in den 70er, 80er Jahren von ganz zentraler Bedeutung war. Man muss sich vergegenwärtigen, dass eine Aufarbeitung dieser Verbrechen damals noch nicht stattgefunden hatte und aber die damals lebenden behinderten Menschen durchaus mitgekriegt haben, dass der Geist sozusagen immer noch da war. Also Joachim Steinbrück, ihr habt beide von persönlichen Erlebnissen gesprochen. Dinge, Sprüche wie, „Unter Hitler hätte es sowas nicht gegeben“, waren damals durchaus noch gang und gäbe. Und auch immer die Frage, wie wäre es mir, wie wäre es uns ergangen, wenn wir damals gelebt hätten. Denn es war ganz deutlich, dass sich die negativen Einstellungen gegenüber behinderten Menschen auch über das Kriegsende hinausgehalten haben und eben nicht nur in der allgemeinen Bevölkerung, sondern auch bei Mediziner:innen und Wissenschaftler:innen, die weiterhin eine durchaus negative und abwertende Sicht auf behinderte Menschen hatten. Deswegen war es ein zentrales Thema der Behindertenbewegung, eben von Anfang an kritisch zu beobachten, was sich gesellschaftlich, wissenschaftlich entwickelte, wo sich Gedanken, Diskussionen und dergleichen abzeichneten, wo es um die Bewertung und in der Regel dann ja auch die Abwertung behinderten Lebens ging.
Und exemplarisch möchte ich einige der Debatten, die in diesem Kontext geführt wurden, nennen. Das war zum einen in den 1980ern eine Kritik an Dr. Julius Hackethal. Ich weiß nicht, ob den irgendjemand – doch, es wird genickt. Also Hackethal hat sich damals sehr medienwirksam damit produziert, dass er mit tragischen Geschichten behinderter Menschen für eine Legalisierung der Sterbehilfe geworben hat, genauso wie die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben, die mit ähnlichen Geschichten medienwirksam dafür geworben hat. Das heißt, die Figur, die dort bedient wurde, war Behinderung gleich unheilbares Leiden und damit eben auch einherging das Infragestellen des Lebensrechts behinderter Menschen.
Die nächste Welle sozusagen war dann Ende der 80er, Anfang der 90er mit der sogenannten Singer-Debatte – auch vielleicht einigen Anwesenden noch gegenwärtig – kann hier nicht groß ausgeführt werden, aber der australische Philosoph Peter Singer hat ein philosophisches Gebäude errichtet, in dem nur Menschen, die er als Personen anerkennt, auch das Menschenrecht auf Leben haben. Und viele behinderte Menschen sind eben nach seinen Vorstellungen keine Personen, das heißt, sie sind keine Träger:innen von Menschenrechten und es ist nach seiner Sicht dann kein Unrecht, diese umzubringen, sie zu töten. Und auch das war wieder ein Punkt, wo die Behindertenbewegung sehr aktiv geworden ist. Man hat dann erreicht, dass Singer von einem wichtigen Kongress der Lebenshilfe, wo er sprechen sollte - kann man sich auch nochmal auf der Zunge zergehen lassen, dass es die Lebenshilfe war – ausgeladen wurde und es eine längere Debatte dann zu diesem Thema gab, was ist eigentlich dieses Leben, wann gilt es als lebenswert, wann nicht. Und im Hintergrund eben immer diese Angst davor, was passiert eigentlich, wenn wir eine gesellschaftliche Stimmung, einen gesellschaftlichen Konsens bekommen, in dem das Leben behinderter und alter Menschen nur noch als trostlos, sinnentleert und letztendlich eben nicht lebenswert angesehen wird.
In neueren Diskussionen zu diesem Thema taucht zunehmend ein Begriff auf, der vielleicht doch nicht Allen schon geläufig ist, deswegen wollte ich ihn mal vorstellen. Es gibt unterschiedliche Sprechweisen, er kommt aus dem Englischen, vom englischen Begriff „able“, für fähig. Im Englischen ist es dann „ableism“, auf Deutsch wird von „Ableismus“ manchmal auch gesprochen oder ganz neudeutsch von „Ableismus“, also alle diese Varianten meinen dann letztendlich aber das Gleiche. Es geht um ein Gedankensystem analog zu Rassismus und Sexismus, das heißt um ein System der Benachteiligung von Menschen aufgrund bestimmter Merkmale, in diesem Fall geht es eben um die Fähigkeiten. Und Ausgangspunkt hier ist, dass gesagt wird, bestimmte Arten des Menschseins werden als perfekt, als typisch menschlich angesehen und was davon abweicht, stellt ein weniger wertes Menschsein dar und das heißt dann eben, dass die Zuschreibung „behindert“ zur Abwertung führt, zur Diskriminierung bis hin zum Absprechen des Lebensrechts. Und das ist eben Nichts, was irgendwo an einzelnen Punkten mal aufscheint, sondern tatsächlich ist eine ableistische Sichtweise von behinderten Menschen etwas, was die gesamte Gesellschaft durchdringt, was die Einstellung vieler Menschen beeinflusst, Haltungen, Vorstellungen, Umgangsweisen mit behinderten Menschen und in der Folge natürlich auch Maßnahmen und Programme, die für sie entwickelt werden. Und selbstverständlich sind auch Entscheider:innen in Behörden, Jurist:innen und Ärzt:innen nicht davon ausgenommen. Das heißt, Ableism führt zu eingeschränkter Anerkennung und damit zu eingeschränkter Teilhabe und eingeschränkter Selbstbestimmung behinderter Menschen. Und wer jetzt immer noch fremdelt mit dem Begriff, wir haben früher von Behindertenfeindlichkeit gesprochen. Behindertenfeindlichkeit deckt aber nur einen Teil dessen ab, was mit Ableism gemeint ist, und wer dazu mehr wissen will, kann mich gerne nachher noch ansprechen.
Worum es hier heute aber geht, ist die Frage von Selbstbestimmung im Kontext des Lebensendes sozusagen und Behinderung. Und das hat natürlich auch was mit dem Thema Menschenrechte zu tun und der Fokus der Behindertenbewegung war immer das selbstbestimmte Leben. Das ist etwas, wofür die Behindertenbewegung seit ihrem Entstehen gekämpft hat. Es sollte darum gehen, die Sicht auf Behinderung zu verändern, rechtliche Gleichstellung zu erreichen und auch letztendlich natürlich Menschenrechte. Eine veränderte Sicht von Behinderung sollte beinhalten, dass nicht die behinderte Person als das Problem angesehen wurde – nach dem Motto, du bist falsch und wir müssen dich richtigmachen – sondern, dass die Gesellschaft entsprechend sich verändert und entsprechende Bedingungen schafft. Rechtliche Gleichstellung haben wir im Prinzip seit 1994, Arne Frankenstein hat es schon erwähnt, mit der Grundgesetzänderung und spätestens seit 2002 mit dem Behindertengleichstellungsgesetz. Menschenrechte sind spätestens seit 2006 mit der Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention weltweit ein Thema im Kontext von Behinderung. 2008 hat Deutschland die Behindertenrechtskonvention ratifiziert. Seit 2009 ist sie bei uns geltendes Recht. Das heißt – auch das wurde schon gesagt – der Deutsche Staat ist dazu verpflichtet, alles, was da drinsteht, in deutsches Recht umzusetzen. Und so schreibt die UN-Behindertenrechtskonvention zum einen eine veränderte Sicht auf Behinderung fest, dass nämlich nicht die Beeinträchtigung das Problem ist, sondern Behinderung erst da entsteht, wo Menschen mit Beeinträchtigung auf gesellschaftliche Barrieren treffen. Die UN-Behindertenrechtskonvention betont, dass behinderte Menschen Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit sind und als solche akzeptiert werden müssen. Sie überträgt die allgemeinen Menschenrechte auf die Situation behinderter Menschen und in unserem Kontext wichtig sind hier Artikel 10, das jedem Menschen angeborene Recht auf Leben, und Artikel 19, das Recht auf selbstbestimmte Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft. Und das selbstbestimmte Leben braucht eben – und das ist ja eben auch schon mehrfach angeklungen – Bedingungen. Ich muss in einer selbstgewählten Wohnform leben können, ich brauche dazu den entsprechenden Wohnraum, ich brauche eine gute Gesundheitsversorgung und ich brauche die Unterstützung, die ich brauche. Und da sieht es eben nicht gut aus. Es sah noch nie gut aus, aber es sieht – hast du auch schon gesagt – im Moment nicht so aus, als ob es besser wird. Wir haben immer noch sehr viele behinderte Menschen, die gegen ihren Willen in Einrichtungen leben oder befürchten müssen, wieder in Einrichtungen leben zu müssen. Es fehlt jede Menge barrierefreier Wohnraum. Die Gesundheitsversorgung ist auch ein großes Problem. Es gibt zu wenig barrierefreie Praxen, zu wenig Bereitschaft, sich mit komplizierten Patient:innen zu beschäftigen. Und wir haben das Problem, dass eben viele Menschen nicht die Assistenz bekommen, die sie benötigen. Sogar zunehmend bekommen wir mit, dass eine restriktive Bewilligungspraxis sich breitmacht. Das heißt, hier an dem Punkt ist die selbstbestimmte Lebensführung stark erschwert bis unmöglich. Und vor diesem Hintergrund bekommt dann dieses Thema „selbstbestimmtes Sterben“ nochmal eine ganz andere Färbung, würde ich mal sagen. Denn wer anhaltend in einer schwierigen Lebenssituation lebt, kann Todeswünsche entwickeln. Nicht – hat Joachim Steinbrück schon gesagt – weil die Beeinträchtigung so ein großes Problem ist, sondern die Bedingungen. Wenn Wünsche nach Sterbehilfe als letzter Ausweg für behinderte Menschen in ausweglosen Lebenssituationen erscheinen, weil sie eben keine Unterstützung bekommen, dann ist etwas falsch gelaufen. Dazu beitragen, diese Wünsche Wirklichkeit werden zu lassen, können dann auch Ärzt:innen, die im Leben mit Behinderung reduzierte Lebensqualität sehen. Sie könnten diese aufgrund schlechter Bedingungen geäußerten Sterbewünsche ernst nehmen und verstärken, anstatt auf die Veränderung der Lebensbedingungen mit hinzuwirken. Deswegen möchte ich betonen, Sterbewünsche behinderter Menschen, die vor diesem Hintergrund entstehen, haben nichts mit Selbstbestimmung zu tun. Und entsprechend gibt es eben Befürchtungen, dass es statt Unterstützung bei einem selbstbestimmten Leben irgendwann – wie aus den holländischen Einrichtungen geschildert – nur noch das Angebot der selbstbestimmten Sterbehilfe gibt. Dass gesellschaftlich zunehmend eine Bewertung von Leben mit Behinderung als nicht lebenswert sich durchsetzt. Dass zunehmend weitere Einsparungen, zum Beispiel bei Assistenz, durch schlechte ökonomische Verhältnisse zu einem Druck führen, zu einer Verstärkung des Diskurses, dass das selbstbestimmte inklusive Leben behinderter Menschen zu teuer ist. Das heißt, Sterbehilfe dann ein Mittel zur Kostenersparnis im Sozial- und Gesundheitssystem werden kann und eben – wurde auch schon mehrfach gesagt – befürchtet wird, dass ein sozialer Druck aufgebaut wird zur sozialverträglichen Selbstentsorgung – wie Carsten Wilmer das mal genannt hat – von Menschen, deren Leben gesellschaftlich als trostlos und sinnentleert bewertet wird. Das heißt, es wird befürchtet, dass aus dem Recht auf selbstbestimmtes Leben – Quatsch – Sterben, Entschuldigung, eine Pflicht zum Sterben für bestimmte Personengruppen werden könnte. Und daraus ergeben sich dann bestimmte Forderungen, die auch zum Teil schon genannt wurden, ich sage es trotzdem noch mal: eine konsequente Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Das heißt, Sicherstellung der Bedingungen für ein selbstbestimmtes Leben in der Gesellschaft, Sicherstellung des Rechts aufs Leben, Regelungen durchzusetzen, die sicherstellen, dass ableistische Einstellungen einzelner Ärzt:innen – in diesem Fall geht es ja oft um diese – zum nicht selbstbestimmten assoziierten Suizid behinderter Menschen führen. Denn Behinderung darf kein Grund dafür sein, ein Leben als weniger wert anzusehen. Regelungen durchzusetzen, die einen Schutz vor ökonomischen Zwängen bieten, und – wie es mal jemand genannt hat – Ermöglichkeitsräume für Missbrauch zu verhindern. Dazu braucht es einen aktiven Einbezug behinderter Menschen und ihrer Organisationen in die Erarbeitung dieser Regelungen. Und ich sage es noch mal, selbstbestimmt sterben darf nicht die Alternative zum selbstbestimmten Leben werden. Vielen Dank.

Jens-Christian Meyer
Vielen Dank, Swantje Köbsell. Ich darf noch einmal deine Kernsätze vortragen.
Satz 1 von Prof. Dr. Swantje Köbsell: Behinderung darf kein Grund dafür sein, ein Leben als weniger wert anzusehen.
Satz 2: Die UN-Behindertenrechtskonvention schreibt das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben als Menschenrecht fest. Dafür muss die Politik Bedingungen schaffen.
Satz 3: Nur wer in guten Verhältnissen und mit guter Unterstützung/Assistenz leben kann, entscheidet frei über Leben und Sterben. Die Entscheidung für einen Suizid darf nicht unter dem Druck schlechter Lebensbedingungen erfolgen. Danke.
Bevor es dann gleich weitergeht, zwei kurze Hinweise: Du hast mich eben noch darauf gebracht. Danke dafür. Die hier auf dem Podium befindlichen Gäste werden im Anschluss an diese Veranstaltung auch noch alle eine halbe Stunde dableiben. Das heißt, ein persönliches Wort mit ihnen zu sprechen oder sich kurz auszutauschen, wird auf alle Fälle möglich sein.
Dann kommt jetzt der Christof Ronge. Er hat sich schon in Position gebracht. Die Rolle der Palliativmedizin ist sein Thema. Und da drüben ist er. Leg los.

Christof Ronge
Vielen Dank für die Einladung. Ich hoffe, Sie können noch bei dieser Inhaltsfülle, die Sie im Moment mitnehmen, einmal tief einatmen und dann ausatmen. Palliativversorgung und Suizidverlangen, das wird jetzt ein ziemlich gedrängtes Thema. Es könnte ausgeweitet sein auf eine viel, viel längere Zeit. Wir haben 15 Minuten zusammen, in denen ich ein bisschen was vorstelle. Eben wurde es gesagt, für Fragen stehe ich zur Verfügung, ob danach per E-Mail oder sonst was, weil einiges mag vielleicht auch verwirrend sein.
Trotzdem lege ich los. Es war und es war nicht. Das ist der häufige Beginn von Roma-Märchen. Und er soll Ihnen ein bisschen das Gefühl dafür geben, in welchem Feld wir uns bewegen, nämlich in einem Feld der Ambivalenz. Das ist das, was wir immer mitfühlen und mitdenken müssen. Und in diesem Satz steht hier nicht das „Wahr“ mit H. Es ist wahr und es ist nicht wahr. Das ist das andere, was wir immer wieder mitnehmen müssen, dass wir nach individuellen Wahrheiten suchen und nicht nach den großen Wahrheiten. Es gibt also kein richtiges Schwarz und Weiß, sondern es gibt immer die Erfahrung dessen, der persönlichen Wahrheiten von den Menschen, die wir treffen. Was erwartet Sie jetzt heute? Aspekte von Palliativversorgung, Problematisieren von Todeswünschen, sehr kurz, gedrängt, zusammengefasst. Erörterungen zu Formen von Lebensbeendigungen, also Fragen, wie geht Palliativversorgung eigentlich in unserem praktischen Alltag. Und Anmerkungen zu bisherigen Auswirkungen von assistiertem Suizid. Ziel soll für heute sein, dass Sie – dafür sind Sie hier – Reflexions- und Diskussionsbereitschaft mitbringen, dafür sind wir im Podium da und ich auch. Und Annäherungen an unterschiedliche Perspektiven, die, wie Sie erfahren haben, sehr, sehr unterschiedlich sein können. Fragen, die Sie mitbringen, Fragen, die ich habe. Und was auf alle Fälle bleiben soll, aus meiner Sicht, ist Unsicherheit und Zweifel. Weil das ist das Feld, in dem wir uns bewegen. Das menschliche Leben ist unsicher und wir sollten unsicher bleiben für diese Thematik.
Palliativversorgung. Was ist Palliativversorgung überhaupt? Es gibt eine Definition. Palliativversorgung ist die aktive, umfassende Versorgung eines Patienten, dessen Erkrankung auf eine kurative (das beschreibt eine heilende) Behandlung, nicht anspricht. Kontrolle beziehungsweise Linderung von Schmerzen, anderen Symptomen, sowie von sozialen, psychischen und spirituellen Problemen, ist oberstes Ziel. Sie merken, die Palliativversorgung hat sich ein hohes Ziel gesetzt, Menschen in dieser Ganzheit zu betrachten und wahrzunehmen, in ihrem eigenen Dasein und auch in dem Dasein in dem Umfeld, in dem sie leben. Palliativversorgung bejaht das Leben und sieht das Sterben als normalen Prozess an. Das ist die Grundlage unseres Handelns. Weder, und das ist in der Diskussion des Suizids, des assoziierten Suizides und der Sterbehilfe bedeutend, auch noch in der Definition von Palliativversorgung, weder beschleunigt, noch verhindert sie den Tod. Sie strebt danach, die bestmögliche Lebensqualität bis zum Tod hin zu erhalten. Was folgt daraus? Palliativversorgung ist in erster Linie eine Lebensfürsorge. Das ist das, was wir leisten und in der Betrachtung und in der Begleitung von Menschen tun. Es ist auch eine Sterbefürsorge. Deswegen steht dort Fürsorge. Wir sorgen uns um den Weg bis zum Tod. Und dann erst ist es eine Sterbebegleitung. Wir denken also in der Palliativversorgung das Leben mit und sprechen über den Tod.
Wie stellen sich die Menschen in der Bundesrepublik würdige Sterbebedingungen vor? Sie sehen hier, 66, 70 Prozent der Bevölkerung möchte gerne zu Hause versterben, was nicht stattfindet. Sie möchten das aber gerne in Schmerzfreiheit. Sterben hat nicht immer mit Schmerz zu tun, aber sie möchten es in Schmerzfreiheit. Sie möchten nicht zur Last fallen. Und wenn Sie eben das Thema von Swantje Köbsell gehört haben über Freiverantwortlichkeit und wie ein innerer Druck die Freiverantwortlichkeit einschränken kann und die meisten Menschen möchten aber nicht zur Last fallen, dann fällt man aber zur Last. Und wie diese Last kommuniziert wird, ist etwas Anderes. Aber die Menschen möchten nicht zur Last fallen und sie möchten mit Familie, Angehörigen und vor allen Dingen nicht alleine sterben. Die Singlehaushalte in Bremen betragen im Moment 52 Prozent. Wie kann das damit zusammenpassen, dass man nicht alleine sterben möchte, also das als würdige Sterbebedingungen sieht? Da tun sich große Probleme und große Aufgaben auf in der Palliativversorgung. Ich zeige Ihnen hier ein Schaubild, was sich mit Todeswünschen befasst. Sie sehen an dem senkrechten Balken den emotionalen Druck, der aufgebaut wird aufgrund von sehr, sehr unterschiedlichen Dingen. Was Sie dort sehen, ist im Grunde das Gefühl des Selbstverlustes, was viele Menschen im Erleben der Krankheit, aber auch im Erleben der Beeinträchtigung mit sich geschehen lassen müssen. Sie sind damit konfrontiert, Selbstverlust zu erleben, ob es ein Funktionsverlust ist, ob es Kontrollverlust ist. Worin es aber mündet, ist häufig das Empfinden von Sinnverlust und damit das Gefühl von Würdeverlust. Und Würde spielt ja die ganze Zeit in unserem Kontext einfach eine ganz, ganz große Rolle. Ich komme dann nachher noch mal drauf, was Würde eigentlich bedeuten kann. Auf alle Fälle ist Würdeverlust und Hoffnungslosigkeit, das ist das, wo Todeswünsche sozusagen aktuell werden. Und wenn Sie sich nach ganz rechts konzentrieren, sehen Sie, dieser Sterbewunsch kann ein Wunsch sein zu leben, aber halt nicht so. Das ist wichtig. Genauso kann der Sterbewunsch einen Lösungsweg darstellen, um Leiden zu beenden. Das ist das, was immer mal wiedergesagt wird: So will ich nicht, so kann ich nicht oder so soll ich nicht leben. Das bedeutet in der Wahrnehmung von Todeswünschen, dass sie auch ohne Suizidalität einhergehen können. Das ist das, was ich, unser Team tatsächlich tagtäglich erleben, dass wir damit konfrontiert sind, dass wir mit Menschen sprechen, die auch einen Todeswunsch äußern können, aber das hat mit Suizidalität an sich nichts zu tun. Deswegen ist das Bewusstsein darüber wichtig, dass ein Todeswunsch einen ganz anderen Sinngehalt haben kann als die wörtliche Bedeutung der Äußerung. Das ist erstmal die wichtige Voraussetzung für eine adäquate Begleitung. Durch uns, durch Zugehörige, durch Angehörige, die einfach in diesem Feld sich bewegen. Und das ist erstmal die Expertise von Palliativ Care. Bei zugegebenermaßen lebensbegrenzenden Erkrankungen, das sind die Menschen, die wir überwiegend betreuen, in einem dann – wie ich hoffentlich dargestellt habe – in einem komplexen Geschehen. Eine palliativmedizinische Beratung – und das ist dieser eine Kernsatz – Beratung oder Begleitung von betroffenen Personen, die halt mit diesem Suizidwunsch leben, sollte vor einer persönlichen Entscheidung sichergestellt sein.
Formen der Lebensbeendigung. Das ist jetzt ein richtiger Ritt. Denn es ist so vielfältig, wie gestorben oder wie am Ende des Lebens damit umgegangen werden kann, sodass ich Ihnen hier nur einige Stichworte liefern kann. Das eine ist einfach sterben lassen. Das ist das ganz normale Sterben. So wie wir Menschen betreuen können, die nicht automatisch schmerzbehaftet sind, die im Alter in einen Prozess übergehen, der mit Sterben zu tun hat. Das ist einfach sterben lassen, betreuen. Hoffentlich sind Menschen da. Manchmal sind keine da.
Dann gibt es den Behandlungsabbruch. Das ist das, was viele Menschen kennen, wenn eine interventionelle, künstliche Art zum Beispiel der Beatmung, der Ernährung stattgefunden hat und ein Mensch entscheidet sich dazu, diese therapeutischen Maßnahmen nicht mehr haben zu wollen, dann handelt es sich um einen Behandlungsabbruch. Das nennt man auch sterben lassen. Das muss entsprechend geschützt sein, wenn einer beatmet ist und seine Beatmung einstellen möchte. Aufgrund seines Willens kann das so gemacht werden.
Dann gibt es die Therapie am Lebensende. Das heißt, Menschen, die unter starken Symptomen leiden – das ist das, was häufig gefürchtet wird – Schmerzhaftigkeit, aber auch andere starke körperliche und psychische Symptome, die behandelt werden können. Das heißt, eine gute Symptomkontrolle, die Therapie am Lebensende. Das ist das, was überwiegend die Palliativversorgung und wir als spezialisierte ambulante Palliativversorgung gewährleisten.
Und jetzt sehen Sie hier ein Kürzel, das heißt freiwilliger Verzicht auf Essen und Trinken oder der freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit. Ein besonderes Feld, was es gut zu diskutieren gilt, aber was die Selbstverantwortung und die Freiverantwortlichkeit von Menschen in einem hohen Maße zur Verfügung stellt, aber ein Prozess ist, der gut begleitet werden muss. Das ist etwas, worüber wir gerne diskutieren können.
Dann gibt es die gezielte Sedierung oder die sogenannte palliative Sedierung, die Menschen, die bestimmte Dinge nicht mehr ertragen können oder wo eine Symptomkontrolle nicht ausreichend ist, eine Möglichkeit gibt, die Menschen sozusagen in einen anderen Bewusstseinszustand zu verbringen. Das heißt im Grunde Schlaf, damit sie ihre Situation so nicht mehr wahrnehmen können, trotzdem betreut werden können und einen natürlichen Sterbevorgang mitnehmen können und ihren eigenen Sterbezeitpunkt finden können unter der Sedierung und darunter aber betreut sind.
Dann steht hier Tötung auf Verlangen, das habe ich in Klammern gesetzt. Man muss schon sehen, dass die Tötung auf Verlangen, dadurch, dass der Paragraph 217 gefallen ist, wieder mit ins Gespräch kommen muss. Die Abgrenzung zur Tötung auf Verlangen ist mittlerweile nicht mehr scharf, dadurch, dass Paragraph 217 gefallen ist. Es gibt den assistierten Suizid, über den wir noch diskutieren, und es gibt den Suizid. Soviel zu Formen der Lebensbeendigung.
Palliativcare ist hilfreich, aber Palliativmedizin muss dort nicht immer sein, weil Sterben ein durchaus normaler Prozess sein kann. Es ist wichtig, über Sterbewunsch zu sprechen. Das ist das, was uns ausmacht. Es gibt mittlerweile Leitfäden zu Todeswünschen, die in Köln entwickelt worden sind, die sehr hilfreich sind für die, die es professionell tun. Es gibt Würdehandeln in Pflegeeinrichtungen. Das ist eine bestimmte Art, mit Menschen umzugehen. Es gibt eine würdezentrierte Therapie, die ein sehr kraftvolles Mittel ist, Menschen – das ist extra dafür entwickelt – Menschen mit Suizidwunsch zu begleiten in schwierigen Situationen, was eine wirklich sehr positive Methode ist, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Aber das Wichtigste, und das ist hier unten der Punkt, das ist, Beziehungen herzustellen. Beziehungen herzustellen in dieser Situation, wo Menschen mit Todeswunsch und Sterbewunsch auftreten. Und das bedeutet, und deswegen dieser große Satz darunter, eine psychotherapeutische Expertise ist hilfreich und oftmals auch einfach notwendig in dieser Situation. Warum? Das zeige ich Ihnen hier in diesem Schaubild. In unserer autonomiezentrierten Gesellschaft, wo Autonomie scheinbar irgendwie so ein Fetisch geworden ist, sehen Sie hier mal einen Kreislauf: Dort sehen Sie die Autonomie ganz rechts, die erfordert Ablösung, Selbstverständnis für sich selbst. Das macht vielen Angst. Verständlicherweise. Die Angst macht die Sehnsucht nach Geborgenheit. Geborgenheit fordert aber Abhängigkeit von anderen Menschen. Das ist die Relationale, das ist sozusagen der Beziehungsteil, den wir haben. Diese Abhängigkeit macht Wut. Jetzt bin ich wieder abhängig. Von was denn allem? Und dann hat man die Sehnsucht nach Autonomie. Und Sie sehen einen Kreislauf, den man verstehen muss. Und den man verstehen muss in diesem psychologischen Geschehen, wenn man mit Menschen zusammenkommt, die einen Sterbewunsch haben. Ich mache es Ihnen nochmal ein bisschen deutlicher am Suizid alter Menschen. Das wird häufig als aktives, freies Beenden eines Lebens gesehen. Deswegen nennt man es Freitod. Deswegen nennt man es Bilanzsuizid. Die Suizidrate bei den Älteren ist am höchsten und wird ganz akzeptierend hingenommen. Allerdings ist es häufig eine tiefe Kränkung des Selbstwertgefühls, dem wir nicht nachgehen, nicht ausreichend nachgehen. Also eine therapeutische Aufgabe in dieser Begleitung von Sterbewunsch und Todeswunsch liegt darin, nicht einen Suizid unter allen Umständen zu vermeiden, aber damit umzugehen, dass es - so nennt Amery das - eine Fundamentalkondition der Einsamkeit gibt. Winnicott hat es auch genannt, die Fähigkeit, allein zu sein. Das einfach wirklich gut zu besprechen. Also darin gilt es, Sinnhaftigkeit und Würdegefühl zu stärken. Sprechen über Suizidverlangen ist – und das halte ich immer dafür – ein Beziehungsangebot. Ein Beziehungsangebot, in ein Gespräch zu gehen. Die eigenverantwortliche, freiverantwortliche Entscheidung zum Suizid, ist zu akzeptieren. Und so treten wir und ich den Menschen erstmal gegenüber und kann ihnen so entgegentreten.
Die Uhr ist fast abgelaufen. Ich will Ihnen für die Diskussion einiges mitgeben. Nämlich – da steht MID – das heißt Medical Assistance in Dying in Canada, das es seit 2016 gibt. Das ist nur für inkurable Krankheiten und schwerwiegende Behinderungen begrenzt. Aber was zeigt sich da im Jahresbericht von 2023? Die machen eine gute Zählung über das ganze Jahr. Mittlerweile sind 4,1 Prozent aller Todesfälle in Kanada durch MID, das heißt, durch einen assistierten Suizid durchgeführt. Mittlerweile, seit 2016, sind es 45.000 Menschen, die an einem assistierten Suizid verstorben sind. Und jetzt – ich habe es extra mit reingenommen, einfach, weil die Diskussion, ich finde die darüber spannend – 80 Prozent dieser Empfänger einer MID waren in einer palliativen Versorgung. Ja. Von den 19,6 Prozent, die keine Palliativversorgung erhalten hatten, hätten trotzdem noch 90 Prozent Zugang gehabt. So viel auch zu der Forderung, dass Palliativversorgung wichtig ist. Aber trotzdem gibt es da viel zu diskutieren. Der häufigste Grund für die Beantragung dieses assistierten Suizids war der Verlust der Fähigkeit, sich an sinnvollen Aktivitäten zu beteiligen. Gefolgt vom Verlust der Fähigkeit, Aktivitäten des täglichen Lebens durchzuführen. Das sind Gründe dafür, einen assistierten Suizid durchführen zu lassen. Eine englische Gruppe hat für die holländischen assistierten Suizide eine Untersuchung durchgeführt, die sie 2023 veröffentlicht haben: „Euthanasie und assistierter Suizid bei Menschen mit geistiger Behinderung und/oder Autismus-Spektrum-Störungen“. Zu den Gründen, warum Menschen mit geistigen Behinderungen Tötung beantragten, war mit 80 Prozent die soziale Isolation und die Einsamkeit. Der dänische Ethikausschuss kam noch letztes Jahr – und das lese ich Ihnen noch mal vor – zu dem Schluss, dass es prinzipiell unmöglich sei, eine angemessene Regelung der Sterbehilfe festzulegen und gleichzeitig die Schwächsten der Gesellschaft zu schützen. Sie empfahlen dem Parlament daher, das geltende Verbot in Dänemark für Tötung auf Verlangen und Beihilfe zur Selbsttötung aufrechtzuerhalten. Das sogenannte Recht auf Hilfe durch Dritte, Sterbehilfeorganisationen, schwächt die Position Hilfebedürftiger. Ein Verwaltungsakt (so ist mein Satz dazu) als Akt einer Dienstleistungsnormierung wird der Komplexität von Sterbewünschen nicht gerecht. Hertha Müller hat in „Eine Fliege kommt durch einen halben Wald“ geschrieben, der Begriff Würde ist heute nicht nur offen, sondern diffus. Dabei ist doch der Ausgangspunkt für Würde der Wert. Es geht um den Wert des Menschen. Mit seiner Interpretation der ersten zwei Artikel des Grundgesetzes und auch der Interpretation von Freiverantwortlichkeit und Autonomie gefährdet das Bundesverfassungsgericht genau diesen Wert. Und aus meiner Sicht, der Gesetzgeber ist dazu aufgerufen, kreativ damit umzugehen und diese Würde trotzdem noch aufrechtzuerhalten. Vielen Dank.

Jens-Christian Meyer
Vielen Dank, Christof Ronge. Ich darf auch hier noch einmal die drei Kernsätze von Christof Ronge vorlesen.
Satz 1: Eine palliativmedizinische Beratung von betroffenen Personen sollte vor einer persönlichen Entscheidung sichergestellt werden.
Satz 2: Die eigenverantwortliche Entscheidung zum Suizid ist zu akzeptieren.
Satz 3: Das sogenannte Recht auf Hilfe durch Dritte wie Sterbehilfeorganisationen schwächt die Position Hilfebedürftiger. Ein Verwaltungsakt als Akt einer Dienstleistungsnormierung wird der Komplexität von Sterbewünschen nicht gerecht. Danke.
Jetzt darf ich Dr. Kirsten Kappert-Gonther, also Kirsten, darum bitten, uns einen Blick auf die rechtliche Situation heute und den Stand der Diskussion im Bundestag zu geben, bevor wir dann in unser Podiumsgespräch einmünden. Bitte, Kirsten Kappert-Gonther.

Kirsten Kappert-Gonther
Ihnen allen ein herzliches Willkommen, auch nochmal von meiner Seite und an die Veranstalter:innen: Ganz herzlichen Dank für die Veranstaltung und dass ich hier dabei sein darf. Ich darf beginnen damit, dass ich wirklich beeindruckt bin von den vorherigen Vorträgen. Ich befasse mich seit etwa 30 Jahren mit diesem Thema assistierter Suizid, Suizidalität. Und ich war selten auf einer Veranstaltung, die diese Tiefe in der ersten Stunde schon erreicht hat wie wir heute. Und das erfüllt mich schon mal mit Dankbarkeit.
Mein Name ist Kirsten Kappert-Gonther. Sie haben es gehört, ich vertrete Bremen im Deutschen Bundestag. Ich bin die amtierende Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit im Deutschen Bundestag, bin Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen und von meiner Profession her Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Ich habe 25 Jahre psychiatrisch, psychotherapeutisch gearbeitet, auch sehr viel mit suizidalen Menschen. Natürlich, das ist ja in dieser Profession üblich, und befasse mich eben seit etwa 30 Jahren mit dieser Thematik und würde meine Viertelstunde gerne so nutzen, dass ich erst mal ein paar einleitende Worte dazu sage, was wir auch aus wissenschaftlicher Sicht über Suizidalität wissen, auch aus psychiatrischer Sicht. Dann ein paar von den Impulsen aufgreifen, die ich schon gehört habe von den Kernsätzen, um dann zu sagen, wo wir gerade im Bundestag mit der Debatte stehen, was in den letzten Jahren seit des Bundesverfassungsgerichtsurteils – worauf ihr ja schon hingewiesen habt – passiert ist und was aus meiner Sicht innerhalb der nächsten Monate hier noch passieren sollte.
Zunächst – es ist ja schon in den vorherigen Referaten angesprochen worden – Suizidalität ist etwas ganz Häufiges. Ich unterstelle mal, dass kaum eine Person jetzt hier im Saal ist oder im Stream zuhört, die nicht schon mal zumindest so etwas wie einen suizidalen Schnupfen hatte. Also Empfindungen von, ich bin nicht sicher, ob das noch das Leben ist, wie ich es führen möchte. Suizidale Gefühle können – zumindest in der Pubertät, meistens auch darüber hinaus – einfach passieren, kommen vor und eine Person muss damit umgehen. Und diese suizidalen Empfindungen, die entwickeln sich immer und zwar immer im Kontext der Lebenssituation. Und die Lebenssituation, die ist dann geprägt eben von einem inneren Empfinden, beispielsweise der Frage von, wie komme ich zurecht in meinem Leben? Habe ich besondere Herausforderungen zu konfrontieren? Besonderen Hilfebedarf? Oder auch bin ich in einer seelischen Krise? Oder erlebe ich gerade eine Phase einer psychischen Erkrankung? Das sind Kontextsituationen. Kontextsituationen sind aber eben auch – und das haben ja auch alle Vorredenden schon gesagt – merke ich, dass ich mit meiner besonderen Lebenssituation, mit meinem Hilfebedarf auch die Hilfe bekomme, die ich benötige? Und wenn wir uns mal vor Augen führen, dass wir alle im Laufe unseres Lebens ja natürlich Hilfebedarfe haben, - manche mehr, manche weniger - dann können wir uns sehr leicht vorstellen, dass nicht immer die Bedürfnisse nach Hilfe getroffen werden von dem, was es an Hilfeangeboten in der Welt gibt. Zum Thema Leben mit Behinderung haben wir schon Etliches gehört, dass wir weit entfernt sind, auch wenn die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert ist. Ich glaube ja immer, dass die Menschen, die die damals ratifiziert haben, gar nicht so ganz genau wussten, was sie da ratifizieren. Weil dann wäre einem nämlich klargeworden, dass wir unsere ganze Politik, unser ganzes Hilfesystem und so umstellen müssen. Aber da gibt es natürlich besondere Lagen, wo das Hilfeangebot überhaupt nicht das erfüllt, was notwendig ist. Im ganzen Bereich der seelischen Drucksituationen wissen wir, wie schwierig es ist, überhaupt psychiatrische Hilfen, psychotherapeutische Hilfen zu finden und je teilhabeferner eine Person ist, umso schwieriger ist es, die entsprechenden Hilfen zu finden. Und wenn wir gucken, welche Pflegesituationen wir in Deutschland haben, dann ist es so: Wir laufen zunehmend in eine Situation hinein, wo die Fachkräftesituation sich so entwickelt, dass viele Menschen, die Pflegebedarfe haben, entweder aufgrund von Krankheit, aufgrund von Behinderung oder eben von Alter, dem nicht mehr adäquat entsprochen werden kann. Das heißt, wir müssen feststellen, dass wir häufig in Situationen uns befinden oder Menschen um uns herum befinden, wo eben nicht das vom Hilfesystem angeboten wird oder angeboten werden kann, was eine Person braucht. Und das hat natürlich Auswirkungen auf die Lebensrealität. Dann gibt es die Situation der Zuschreibung. Darüber hat Swantje Köbsell ja jetzt eben auch, wie ich finde, sehr eindrucksvoll gesprochen. Auch gesellschaftliche Zuschreibungen machen natürlich Drucksituationen. Also Fragen von, ist das denn noch lebenswert? Also wenn ich in der Situation wäre, ich weiß ja nicht. Das sind alles Situationen, die Drucksituationen erhöhen können und in dem Kontext der verschiedenen Zuschreibungen dann auch Suizidalität befördern können. Auch, das ist die Drucksituation von außen auf mich, aber auch wie ich mich in Bezug auf meine Zu- und Angehörigen empfinde, kann natürlich Druck auslösen. Wenn ich das Gefühl habe, ich bin so hilfebedürftig, ich kriege nicht die adäquate Hilfe, aber meine Tochter muss das alles kompensieren. Und ich habe vielleicht schon erlebt, wie ich bei meiner Mutter unter Druck geraten bin, die zu pflegen und was das für Druck für mich ausmacht, dann kann es natürlich sein, dass ich sage, ich möchte aber hier niemandem zur Last fallen. Vielleicht möchte ich dann lieber so auch nicht mehr leben, um meine Tochter zu entlasten. Wirtschaftliche Drucksituationen. Die Überschuldung. Wir können darüber noch miteinander nachdenken. Das sind alles Drucksituationen, und jetzt kommt der entscheidende Punkt, die Suizidalität auch befördern können und die Freiverantwortlichkeit einschränken können. Weil freiverantwortliche Entscheidung heißt, dass ich eben frei von Drucksituationen oder im Wesentlichen frei von Drucksituationen entscheiden kann. Und darum gilt eben der Satz, mit dem ich begonnen habe: Suizidalität entscheidet sich immer im Kontext der Lebenssituation und (und das ergänze ich jetzt) im Kontext der Beziehungssituation und Beziehungsrealität. Und darum ist Suizidalität immer volatil. Also die Wahrscheinlichkeit, dass ein suizidaler Impuls über eine Zeit konstant bleibt, ist gering. Das ist selten. Das Häufigste ist, dass Suizidalität schwankt und zwar nämlich immer in Abhängigkeit davon, wie ich mich gerade empfinde und wie ich mich in meinem Kontext empfinde.
Und jetzt würde ich gerne – das vorweggesagt – ein paar Sachen aufgreifen, die ihr gesagt habt. Nämlich Arne Frankenstein und Joachim Steinbrück haben gesagt, niemand darf aufgrund schlechter Rahmenbedingungen in den Suizid getrieben werden. Können wir das wirklich gesellschaftlich und politisch sicherstellen? Wenn das stimmt, was ich gesagt habe, dass wir eben nicht umfassend die Hilfe sicherstellen können, auch gerade was in Bezug auf Pflegesituationen der Fall ist. Jetzt habe ich meinen Faden verloren. Also können wir das sicherstellen? Ich glaube, im Moment gesellschaftlich nicht.
Dann, was Swantje Köbsell gesagt hat, Behinderung darf kein Grund dafür sein, ein Leben als weniger wert anzusehen. Ich vermute, dass wir dem alle zustimmen, diesem Satz. Und wenn wir das aber in Frageform formulieren: Leben wir in einer Gesellschaft, wo sichergestellt ist, dass Behinderung kein Grund dafür ist, ein Leben als weniger wert anzusehen? Dann würde ich sagen, ich glaube, das können wir gesellschaftlich nicht garantieren. Wir haben Zuschreibungen von, was ist lebenswert, was ist nicht lebenswert. Es gibt neueste Untersuchungen, die das auch noch mal belegen. Wo Menschen gefragt werden, gibt es unterschiedliche Werte. Wir haben sehr viel – es kommt immer darauf an, wie man gefragt wird – aber die Vorstellung, wenn ich dement werde, dann ist es ja sowieso schwierig, dann ist mein Leben nicht mehr lebenswert. Alle, die hier ärztlich im Raum tätig sind (wir beide ja auf jeden Fall) wissen, dass auch bei Menschen, die noch sagen, bevor sie eine demenzielle Entwicklung hatten, wenn ich irgendwann dement bin, dann möchte ich ganz bestimmt nicht mehr leben. Wenn dann die Demenz eingetreten ist, und der Kontext so ist, dass klargestellt ist, da gibt es ausreichende Fürsorge, die Menschen haben keine Atemnot, sind frei von Schmerzen, dann gibt es eben auf einmal doch den Impuls, an jedem Atemzug und an jedem Lebenstag zu hängen. Auch das ist wieder ein Beispiel dafür, wie Kontext auch das Empfinden beeinflusst. Christof Ronge sagte, die eigenverantwortliche Entscheidung zum Suizid ist zu akzeptieren. Und ich würde ausdrücklich sagen, ja. Und jetzt addiere ich noch eine psychiatrische Sicht, die da heißt: Wenn wir das tun, wenn wir tabulos über Suizidalität sprechen, auch Kontextsituation – wie wir das ja hier in diesem Panel miteinander versuchen – dann passiert was ganz Besonderes. Dann ist nämlich das Sprechen über suizidale Empfindungen auf einmal suizidpräventiv. Es stimmt nämlich nicht, dass es sinnvoll ist, das Gespräch zu vermeiden. Es wird ja manchmal so gedacht, so ungefähr, wir wollen mal niemanden auf böse Gedanken bringen, wir fragen jetzt gar nicht nach Suizidalität. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn wir das Gespräch eröffnen und zwar tabufrei, dann merken wir, dass es Entlastung gibt und das Sprechen über Suizidalität sogar präventiv wirkt.
So, das vorausgeschickt. Wo befinden wir uns? Das Bundesverfassungsgericht hat in 2020 geurteilt, hat gesagt, der gängige Paragraph 217 sei für nichtig zu erklären. Joachim Steinbrück hat die ganzen entscheidenden Dinge dazu ja schon referiert. Und dann musste sich der Gesetzgeber, dem ich ja angehöre als Mitglied des Deutschen Bundestages, entscheiden. Heißt das, wir lassen die Situation so laufen, wie sie jetzt ist, oder schlagen wir eine Neuregelung vor? Ich habe immer zu denen gehört, die gesagt haben, wir können das nicht so laufen lassen, wie es jetzt ist. Warum? Weil Suizidassistenz in unserem Land stattfindet. Und sie findet statt unter aktuell ungeregelten Bedingungen. Das heißt, wir haben im Moment Anbieter von Suizidassistenz. Das sind im Wesentlichen zurzeit verschiedene sogenannte Sterbehilfevereine. Und die führen ihre Angebote durch ohne ein abgesichertes Schutzkonzept. Warum bin ich der Auffassung, dass es ein Schutzkonzept, insbesondere zum Schutz der vulnerablen Gruppen, braucht? Und das wären aus meiner Sicht Menschen mit Behinderung, Menschen mit psychischen Erkrankungen, aber eben auch Menschen unter sozialen Drucksituationen, Menschen, die keine adäquate Pflege finden, die nicht Kenntnis haben von adäquater Palliativversorgung. Wie müsste ein solches Schutzkonzept aussehen, dass es wirklich die Freiverantwortlichkeit sicherstellt? Also angenommen, meine Hypothese stimmt, dass gesellschaftliche und individuelle und auch innerpsychische Drucksituationen Freiverantwortlichkeit einschränken. Da muss man ja gucken, wie sichert man Freiverantwortlichkeit und stellt wirklich die Autonomie in den Mittelpunkt. Und dazu würden die Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich gemeinsam hier an einem Gesetzentwurf gearbeitet habe und erneut arbeite, sagen, ganz entscheidend ist, dass die Suizidassistenz und die Sicherstellung des Schutzkonzeptes mindestens ein Vier-Augen-Prinzip beinhalten. Dass wir also nicht eine Situation haben, wie wir sie jetzt haben, dass eine Person sich melden kann bei einer Sterbehilfeorganisation und dann bleibt es im Wesentlichen alles in einer Hand. Sondern dass es noch mal mindestens zusätzliche Expertise gibt, die auch noch mal so eine Distanz möglich macht zu dem, was erlebt wird, um zu gucken, liegt hier wirklich Freiverantwortlichkeit vor. Das bedeutet, wie ist die psychische Situation, wie ist die soziale Situation, wie ist die Pflegesituation. Aus unserer Sicht muss zwischen diesen Gesprächsangeboten und auch diagnostischen Angeboten eine gewisse Zeit liegen. Also ein einziges Gespräch würde nicht ausreichen, sondern aus unserer Sicht müssten da mindestens drei Monate dazwischenliegen, weil wir eben wissen, dass Suizidwünsche so volatil sind. Und man nicht sagen kann, in dem Moment ist das so, dann ist die Freiverantwortlichkeit gesichert. Wie ist es denn in der Zwischenzeit? Welche Drucksituationen entwickeln sich da? Unserer Vorstellung nach – und das ist der Gesetzentwurf, den wir mit meinem Team, mit der Gruppe, der ich da angehöre, die wir letztes Jahr eingebracht haben – da hatten wir festgeschrieben, dass diese Gespräche von Personen mit besonderer psychiatrischer oder psychologischer Kompetenz durchgeführt werden sollten, also Psychiater:innen, Psychotherapeut:innen. Konkurrierend gab es einen anderen Gesetzentwurf, der – da können wir vielleicht nachher noch zu kommen – das Schutzkonzept nicht in dem Maße in den Vordergrund gestellt hat, wie das meine Gruppe getan hat, sondern eher an eine staatlich finanzierte Beratungssituation gedacht hat. Das haben wir äußerst skeptisch gesehen, kritisch gesehen. Da können wir im Einzelnen nachher drüber miteinander sprechen. Was jetzt für uns entscheidend ist, ist, dass diese beiden Gruppen, die es gab im Deutschen Bundestag, nicht entlang von Fraktionslinien agiert haben, sondern das ist ein bioethisches Thema, da geht es nur um eine reine Gewissensentscheidung. Das heißt, in beiden Gruppen haben sich Abgeordnete von allen demokratischen Fraktionen zusammengetan und haben dann diese Dinge miteinander diskutiert. Das Ergebnis der Abstimmung im Deutschen Bundestag war, dass keiner der beiden Gesetzesentwürfe eine Mehrheit bekommen hat. Der Gesetzentwurf, also die Gruppe, die ich mitverantwortet habe, hat ein paar mehr Stimmen gekriegt, aber es hat beides nicht gereicht, sodass wir jetzt im Grunde wieder auf Null sind. Jetzt kann man ja fragen, was machen wir daraus? Bleiben wir jetzt dabei oder machen wir weiter? Die Gruppe, der ich angehöre, hat gesagt, wir machen auf jeden Fall weiter, weil eben die Situation ist, wie sie ist. Wir müssen ein valides Schutzkonzept sorgfältig absichern. Wir arbeiten im Moment an einem neuen Vorschlag und ich möchte schließen mit zwei Entwicklungen, die meine Gruppe vollzogen hat. Das eine ist nämlich, dass wir abgekommen sind davon, dass wir sagen, es müssen obligat zwei psychiatrische Termine sein, sondern wir wollen die hausärztliche Expertise mehr mit einbeziehen und insbesondere die palliativmedizinische Expertise, um hier nochmal einen anderen Fokus zu legen. Und das Zweite ist etwas, und das ist wirklich eine Entscheidung, da müssen wir noch ein bisschen überlegen, wie wir das machen, aber das will ich hier schon mal vorstellen: Wir hatten ja ursprünglich überlegt, das erneut im Strafrecht abzusichern. Wir denken jetzt darüber nach, ob man ein Schutzkonzept auch valide durchsetzen und absichern kann, ohne dass wir dafür einen Strafrechtsparagrafen entwickeln, sondern dass wir ein eigenständiges Schutzkonzept-Absicherungsgesetz etablieren. Das ist etwas, worüber wir im Moment nachdenken. Andere Abgeordnete denken auch darüber nach, zum Teil mit uns gemeinsam, zum Teil auch nochmal separat. Meine Idee ist oder was ich mir wünsche, dass wir im Laufe dieser Legislaturperiode zu einer Gesetzgebung kommen, die das Schutzkonzept absichert, damit klar ist, niemand wird zum Suizid in diesem Land gedrängt. Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

Jens-Christian Meyer
Vielen Dank, Kirsten Kappert-Gonther. Und damit münden wir jetzt direkt in die Podiumsdiskussion. Das Podiumsgespräch, moderiert durch Prof. Dr. Marianne Hirschberg. Marianne, du bist dran.

Marianne Hirschberg
Ganz herzlichen Dank, Jens. Ganz herzlichen Dank Ihnen allen schon fürs intensive Zuhören. Ich weiß nicht, ob es Ihnen so geht wie mir. Ich habe den Eindruck, wow, was für eine Chance, so vielen Expertinnen und Experten zuzuhören. Jetzt kommen wir aber so ein bisschen ins Gespräch. Deswegen erstmal herzlich willkommen zur gemeinsamen Diskussion. Wir haben die verschiedenen Beiträge gehört. Und ich würde jetzt ganz gern den anderen Referent:innen die Möglichkeit geben, Rückfragen zu stellen an Kirsten Kappert-Gonther als Expertin im Bundestag, als interdisziplinärer Expertin, würde ich auch sagen. Danach gibt es nochmal Nachfragen zum vertieften Verständnis der Beiträge. Und dann kommen wir zum zweiten Teil der Diskussionsrunde hier oben. Dann werden Fragen aus dem Publikum von Ihnen aufgegriffen, die sie teilweise bei der Anmeldung formuliert haben und die Sie teilweise hier nochmal formulieren. Und dafür geht Jens-Christian Meyer durch die Reihen. Vielen Dank dafür schon mal. Und in der dritten Runde, ah nein, ich habe einen Punkt vergessen. Es gibt dann auch nochmal die Möglichkeit für Fragen aus dem Chat, die Kai Baumann vielleicht auch gebündelt vorlesen wird, je nach Zeit. Und das heißt, wir versuchen auch das Publikum aus der digitalen Ferne, uns nah heranzuholen. Was bleibt? In der dritten Runde geht es nochmal darum, dass alle Teilnehmenden hier auf dem Podium einen – ich sage mal streng – kurzen Satz formulieren, ein Abschlussstatement, das wir alle auf dem Weg mit nach Hause nehmen können. Sie hatten die Gelegenheit zum Ausführlichen. Und dann nochmal kurz, damit wir gerade auch diese Dichte der unterschiedlichen Perspektiven mitnehmen. Soweit von mir. Im Abschluss übergebe ich wieder.
Und jetzt würde ich Ihnen, Swantje Köbsell, Arne Frankenstein, Joachim Steinbrück, Christof Ronge, die Möglichkeit geben, Rückfragen an Kirsten Kappert-Gonthers Vortrag zu stellen. Meldet euch gern, ich nehme euch gern dran. Möchte jemand starten? Christof sieht so aus.

Christof Ronge
Was mir ja sehr am Herzen liegt, ist, dass das Bundesverfassungsgericht die Freiverantwortlichkeit ja so hochgestellt hat. Den Suizid an sich, der ja schon immer straffrei war, was ja noch nicht besprochen worden ist. Er war schon immer straffrei. Das war aber schon immer so. Und was im Zentrum die ganze Zeit steht, ist der assistierte Suizid. Also es geht um Dritte. Und diese Dritten, das ist meine Frage dann, warum die Gesetzgebung diese Dritten erstens nicht mehr in den Fokus nimmt. Also ich finde, sie sind nicht im Fokus, die Dritten. Das Bundesverfassungsgericht hat auch gesagt…oder besser gesagt die Begründung aus meiner Sicht – das ist jetzt sehr speziell – die Interpretation des Bundesverfassungsgerichtes für diese Dritten ist mir schleierhaft. Und warum die Gesetzgebung da nicht mehr Initiative hat, diesen assistierten Suizid zurückzudrängen. Weil die Freiverantwortlichkeit des Einzelnen…es gibt Möglichkeiten, freiverantwortlich einen Suizid zu begleiten und zu begehen, der nicht unbedingt assistiert sein muss. Meine Frage ist die, was macht die Gesetzgebung damit?

Kirsten Kappert-Gonther
Wenn man das Bundesverfassungsgerichtsurteil liest – und das haben wir ja alle getan – dann hat das Bundesverfassungsgericht eben gesagt, es gibt ein Recht auf Zugang zum assistierten Suizid. Das hat das Bundesverfassungsgericht gesagt. Und es hat gleichzeitig etwas gemacht, was viele überrascht hat. Es hat das nämlich nicht eingeschränkt. Es hat gesagt, das gilt erstmal für Menschen jeglichen Alters und jeder Lebenssituation. Und es hat als Drittes gesagt, (und das ist das, wo wir als Gesetzgeber dann eben eine Möglichkeit der Ausgestaltung haben) besonders gefahrträchtige Angebote des assistierten Suizides, die darf man einschränken und darf ein Schutzkonzept gesetzlich absichern, welches eben verhindert, dass die Freiverantwortlichkeit hier eingeschränkt wird. Und das sind die drei Kernaufträge des Bundesverfassungsgerichtsurteils. Und das hat nicht gesagt, wir müssen etwas neu regeln. Das ist erstmal eine Entscheidung des Gesetzgebers. Das habe ich ja versucht herzuleiten, warum ich glaube, dass wir was regeln müssen, weil die aktuelle Situation eben die Freiverantwortlichkeit nicht absichert. Und dann muss man sich überlegen, wie macht man das? Und wir sind eben zu dem Ergebnis gekommen, dass das Entscheidende ist, dass man ein Schutzkonzept braucht, was besonders gefahrträchtige Angebote als Suizidassistenz verhindert und was vor allem verhindert, dass vulnerable Gruppen hier besonders unter Druck geraten, dass wir das so absichern, dass das eben möglichst unwahrscheinlich wird; wissend, dass wir mit dem, was das Bundesverfassungsgericht uns da aufgetragen hat, nicht jede Situation von gefahrträchtiger Suizidassistenz verhindern können. Das ist so. Das liegt diesem Urteil inne.

Marianne Hirschberg
Okay. Ich habe gemerkt, es gab hier etwas Verwirrung. Diese Möglichkeit der Rückfragen war von Anfang an geplant. Vielleicht habe ich es anders formuliert als erwartet oder so. Aber es stand im ersten Plan, den wir rumgeschickt haben. Aber sowas gibt es. Joachim Steinbrück, du hast eine kurze Frage, eine kurze Rückfrage an Kirsten Kappert-Gonther.

Joachim Steinbrück
Dann beschränke ich mich auch tatsächlich auf die Frage. Und zwar gibt es im Rahmen des jetzigen Erarbeitens eines Entwurfs und des Gesetzgebungsverfahrens noch eine Chance, unsere Forderung, dass Vertretungen behinderter Menschen gehört werden im Gesetzgebungsverfahren, also zum Beispiel bei Anhörung des Gesundheitsausschusses oder so? Das war ja eine Forderung, die Arne Frankenstein vorhin aufgeworfen hat und der ich mich natürlich anschließe.

Kirsten Kappert-Gonther
Also wenn wir… ich finde das im Übrigen eine sehr, sehr gute Forderung. Und es wird jetzt…ein Gesetzgebungsverfahren läuft ja immer so ab im Deutschen Bundestag: Es werden ein oder mehrere konkurrierende Gesetzentwürfe eingebracht. Die werden im Plenum diskutiert und dann werden sie in die zuständigen Ausschüsse verwiesen. Das war beim letzten Mal der Rechtsausschuss und der Gesundheitsausschuss. Und dann kommt etwas, das gilt für alle, alle, alle Gesetzgebungen im Deutschen Bundestag. Ich finde, das ist was wirklich ganz Großartiges, dass dann immer Expertinnen und Experten angehört werden müssen. Und in diesem Zuge – jetzt das aufgreifend, was wir hier heute miteinander erleben – kann ich zusichern, dass ich den Vorschlag machen werde, dass dann auch die besondere Expertise von Menschen mit Behinderung gehört werden. Das ist so, sowas sind immer Einigungen dann. Ja, das kann ich, also ich kann nicht heute versprechen, auf jeden Fall klappt das. Aber ich kann versprechen, dass ich das einbringe und ich halte es für relativ wahrscheinlich, dass ich das durchgesetzt bekomme.

Marianne Hirschberg
Vielen Dank für diese klare Frage und die klare Antwort. Arne Frankenstein, bitte.

Arne Frankenstein
Ich hätte eine zweigeteilte Frage. Das eine betrifft die Frage des Schutzkonzeptes. Erschöpft sich das sozusagen in Verfahrensregelungen oder hat es auch noch inhaltliche Ausgestaltung? Und die andere Rückfrage: Du hast relativ viel über Suizidprävention gesprochen. Und möglicherweise ist das eine realistische Position zu sagen, man kann nicht gewährleisten durch eine Gesetzgebung, dass behinderte Menschen nicht in Suizid getrieben werden. Gleichzeitig ist es natürlich auch eine sehr pessimistische. Und meine konkrete Frage wäre, ob innerhalb dieser Suizidpräventionsgedanken, die sich jetzt auch die Gruppe macht, nochmal die Frage der Stärkung einer inklusiven Gesellschaft auch Gegenstand der Beratung ist?

Kirsten Kappert-Gonther
Vielen Dank für diese Frage. Ich will erstmal, damit wir hier klar bleiben, bei dem, was ich gesagt habe. Ich habe gesagt, das Ziel ist, ein Schutzkonzept so valide abzusichern, dass möglichst überhaupt gar keine Menschen nicht frei verantwortlich assistierten Suizid in Anspruch nehmen. Natürlich auch Menschen mit Behinderung nicht entsprechend getrieben werden. Ich habe deutlich gemacht, dass ich fürchte, dass keine Gesetzgebung dieser Welt, auch wenn wir die noch so sorgfältig vornehmen, das komplett verhindern und ausschließen kann. Das hat was mit gesellschaftlichen Realitäten zu tun. Ich finde das nicht gut. Und das bindet auch an das, was du gesagt hattest. Also, wenn man assistierten Suizid ermöglicht, wo sind dann die Grenzen? Und die Grenzen sind da, dass man nicht alles wird regeln können und nicht komplett den Schutz sicherstellen kann, aber möglichst. Und das müsste ja das Ziel einer vernünftigen Gesetzgebung sein. Dann hast du gefragt nach, wie sieht das mit Suizidprävention aus? Und da ist tatsächlich im Deutschen Bundestag im Zuge der Gesetzgebungsdebatte, was ganz Wunderbares passiert: Dass wir nämlich zwei unterschiedliche Gesetzentwürfe hatten zur Frage assistierter Suizid, mit unterschiedlichen Vorstellungen von Absicherung eines Schutzkonzeptes. Beide haben keine Mehrheit bekommen. Wir haben darüber gesprochen. Was aber eine Mehrheit bekommen hat, ist ein Antrag zur Forderung eines Suizidpräventionsgesetzes. Und das gibt es in Deutschland nicht. Es gibt keine gesetzlich gesicherte Suizidprävention. Weder Strategie, noch dass Maßnahmen hier abgesichert wären. Und ich darf ein bisschen vielleicht auch mit Stolz sagen, dass meine Büroleitung, Caroline Kummer, die dasitzt, und mit der ich diesen Antrag im Wesentlichen entworfen habe und dann sehr viele Mitstreiter:innen im Bundestag gefunden haben. Und dieser Antrag zur Etablierung eines Suizidpräventionsgesetzes, hat eine fast einstimmige Mehrheit in diesem Deutschen Bundestag gefunden. Das gibt es so gut wie nie. Es gab eine Gegenstimme. Ich glaube nach wie vor, dass es vielleicht ein verirrter Einwurf war. Und es gab – also das weiß ich nicht, das will ich nicht unterstellen – und zwei Enthaltungen. Sonst haben alle Abgeordnete diesen Deutschen Bundestages für dieses Gesetz gestimmt. Damit wird der Bundesgesundheitsminister aufgefordert, bis Mitte dieses Jahres ein entsprechendes Gesetz mit hinterlegtem Maßnahmenkatalog vorzulegen. Und das ist etwas… Wir haben gegründet, einen Parlamentskreis – auch fraktionsübergreifend, innerhalb der demokratischen Fraktionen natürlich – einen sogenannten Parlamentskreis „Suizidprävention“. Wir treffen uns etwa einmal im Monat mit Expertinnen und Experten und versuchen, diesen Gesetzgebungsprozess im Bundesgesundheitsministerium zu unterstützen, so will ich das mal ausdrücken. Und das ist etwas, was wirklich elementar notwendig ist. Ich will an der Stelle sagen, es gibt Leute, die sagen, wir müssen ein Suizidpräventionsgesetz erst etablieren, bevor wir den assistierten Suizid regeln. Das ist etwas, dem ich widerspreche. Weil das, was im Moment stattfindet, ist ungeregelt. Es stellt die Freiverantwortlichkeit nicht sicher, sodass ein vernünftiges assistierte Suizidgesetz auch Suizidprävention wäre. Parallel aber brauchen wir hier natürlich richtig gute, gesetzlich hinterlegte Maßnahmen.

Marianne Hirschberg
Vielen, vielen Dank. Ich finde, es ist ein großartiger Schwerpunkt, wenn ich das kurz soweit auch bewerten darf. Das heißt, Ihr Antrag zur Suizidprävention hat eine große Mehrheit bekommen. Das würde ich ganz gerne erstmal soweit festhalten. Mit meinem Blick auf die Uhr stelle ich all meine Fragen, die ich vorbereitet hatte, an die Gäste auf dem Podium zurück und würde ganz gern Kai Baumann und Jens-Christian Meyer bitten, Fragen aus dem Publikum aufzugreifen. Und interne Fragen vom Podium kann ich später nochmal aufrufen. Jetzt sind Sie aber erstmal gefragt. Jens-Christian Meyer, ich würde dich bitten, rumzugehen und vielleicht ein, zwei, drei Fragen aufzugreifen.

Jens-Christian Meyer
Einfach Handzeichnen und ich komme zu Ihnen.

Kai Baumann
Solange Kollege Jens-Christian Meyer rumgeht und die Fragen aufgreift, würde ich mal dazwischen grätschen. Und wir bedanken uns von hier schon mal für die große Teilnahme im Chat und für die vielen Wortbeiträge. Was wir merken ist ganz viel Dankbarkeit, dass wir diese Veranstaltung, dass der Landesbehindertenbeauftragte und Selbstbestimmt Leben diese Veranstaltung durchführen. Herzlichen Dank auch meinerseits für dieses Feedback. Ich würde gerne zwei, drei Punkte aufgreifen. Wir können nicht alle aufgreifen, aber wie auch schon im Chat geschrieben, werden wir danach auf der Seite des Landesbehindertenbeauftragten viel zusammenfassen.
Fragen: Besonders Menschen, die geistig oder psychisch beeinträchtigt sind, stehen oftmals unter Betreuung. Wie sieht es mit der frei verantwortlichen Entscheidung für Menschen aus, die unter Betreuung stehen? Wie viele Fragen möchtest du, Marianne Hirschberg?

Marianne Hirschberg
Erst mal diese eine, vielen Dank. Gibt es da schon eine Richtung, wer die beantworten sollte oder wer sich hier vom Podium berufen sieht? Die Juristen vielleicht? Arne Frankenstein, versuchst du es kurz und verständlich?

Arne Frankenstein
Ich hatte den Eindruck, Joachim Steinbrück wollte gerade. Aber ich kann es gerne probieren. Ich glaube, dass das eine ganz wesentliche Schwierigkeit ist, eben in der Debatte rund um eine selbstbestimmte Entscheidung, weil eben in den Konstellationen, wo eine Betreuung eben auch dabei ist, da sozusagen auch enge Absprachen im Rahmen der Betreuung erfolgen müssen. Es ist natürlich immer so, dass nach dem Willen des Betreuten zu entscheiden ist. Aber gerade die Ausgangslage führt halt dazu, dass sich sozusagen die Schwierigkeiten da nochmal verschärfen. Und das, was wir eben auch in der Diskussion herausgearbeitet haben, glaube ich, da in besonderem Maße eben auch nochmal eine Schwierigkeit darstellt.

Marianne Hirschberg
Komplex, aber soweit die Antwort. Willst du gleich weitermachen, Kai Baumann, mit einer weiteren Frage, vielleicht in einer anderen Ausrichtung?

Kai Baumann
Gerne. Gibt es einen Unterschied zwischen assistiertem Suizid und Sterbehilfe?

Christof Ronge
Früher wurde die Sterbehilfe differenziert betrachtet. Da wurde zwischen direkter und indirekter Sterbehilfe unterschieden. Insofern stimmt diese Deklaration nicht mehr wirklich. Es gibt dieses Sterben lassen, was ich vorhin vorgestellt habe, was schon lange aus dem Kontext von Sterbehilfe heraus ist. Also sozusagen das Sterben lassen ist rechtlich erlaubt im Sinne von Behandlungsabbruch, wird aber halt Sterben lassen genannt und gilt auch als Sterbehilfe, weil das Sterben ja sozusagen das ist, was auch auf der Hand liegt. Der Mensch möchte sterben unter einem Behandlungsabbruch. Insofern ist das auch eine Sterbehilfe. Und der assistierte Suizid stellt natürlich auch eine Sterbehilfe da. Also insofern gibt es dort…man muss schauen, was tatsächlich passiert in der Sterbehilfe, und es dann auch genau benennen. So würde ich es erst mal beantworten. Das Sterben lassen als Ziel, jemanden auch sterben zu lassen. Der assistierte Suizid hat seinen Grenzbereich zu Tötung auf Verlangen. Und insofern betritt er ein anderes Gebiet der Sterbehilfe.

Marianne Hirschberg
Okay, soweit vielen Dank. Kai, gibt es vielleicht noch eine dritte Frage aus dem Chat? Vielleicht eine für Swantje Köbsell, weil wir sie lange nicht gehört haben.

Kai Baumann
Kurz und knapp. Was bedeutet Selbstbestimmung, Swantje Köbsell?

Swantje Köbsell
Ich denke, das ist ja in mehrfacher Hinsicht jetzt schon bespielt worden sozusagen. Christof Ronge hat es ja relativ ausführlich auch dargestellt. Aus Sicht der Behindertenbewegung sozusagen ist es ja – wie ich schon erwähnt habe – ein ganz zentraler Begriff. Und da geht es natürlich erst mal um die Abwehr von Fremdbestimmung und auf der anderen Seite darum, zwischen akzeptablen Alternativen wählen zu können. Und der Begriff ist ja auch nicht nur, aber auch in der Behindertenbewegung sehr lange sehr unkritisch positiv verwendet worden. Und ich bin mittlerweile bei allen, die sagen, man muss auch genauer hingucken, weil – wie wir heute gesehen haben – Selbstbestimmung ist eben abhängig von bestimmten Bedingungen. Und es kann aus diesem, ich kann jetzt selbstbestimmt sein, die Pflicht zum, ich muss jetzt selbstbestimmt mich für bestimmte Lösungen entscheiden, werden. Und deswegen muss man da sehr differenziert hinschauen.

Marianne Hirschberg
Ein wichtiger Hinweis nochmal, gerade im Verhältnis zu Fremdbestimmung. Selbstbestimmung soweit klar auf den Punkt gebracht. Vielen Dank auch dafür nochmal. Nun sehe ich, dass Jens-Christian Meyer noch durch die Reihen geht. Aber vielleicht...
Kai Baumann: Ich hätte noch eine. Marianne Hirschberg: Gerne, Kai Baumann.

Kai Baumann
Wie sollte eine Regelung bei Menschen mit psychosozialer Beeinträchtigung aussehen? Wie ist abzuklären, ob zum Beispiel eine temporäre schwere depressive Episode mit einer damit einhergehenden Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit die Ursache für den Wunsch nach einem selbstbestimmten Suizid ist?

Marianne Hirschberg
Ich würde sie gerne Kirsten Kappert-Gonther geben, wenn Sie antworten würden.

Kirsten Kappert-Gonther
Ja, will ich gerne. Also das berührt ja eine sehr wichtige Frage in diesem Kontext, nämlich die Frage, inwieweit ist Selbstbestimmung durch eine psychische oder psychiatrisch diagnostizierte Erkrankung per se eingeschränkt. Und da muss man sagen, dass es nicht grundsätzlich so ist. Eine seelische Erkrankung…also ich kann eine seelische Erkrankung haben und trotzdem entweder für eine bestimmte Zeit oder grundsätzlich meinen freien Willen bilden. Es kann aber auch seelische Erkrankungssituationen geben, insbesondere im Rahmen von schweren psychotischen oder auch depressiven Erkrankungen, wo die Freiverantwortlichkeit entweder über eine längere Zeit oder temporär eingeschränkt ist. Und darum, weil das so eine hochkomplexe Fragestellung ist, dass man ja auch nicht jeder Person, die eine psychische Erkrankung hat, grundsätzlich Selbstbestimmung absprechen sollte und auch nicht möchten sollte, auch nicht darf, genau. Das ist ja das, was ich gerade vermittelte. Darum würde ich eben sagen, dass wir im Rahmen eines solchen etabliert oder abzusichernden Schutzkonzeptes immer eine psychiatrisch-psychotherapeutische Expertise mit einbeziehen müssen, um sicherzustellen, dass hier dieser Suizidwunsch eben im Rahmen einer Freiverantwortlichkeit gebildet wurde; oder eben auch nicht und wenn nicht, entsprechende Hilfen anzubieten. Das kann man ja auch nicht verordnen, aber anbieten; zu sagen, da wäre eine psychotherapeutische Behandlung oder eine Beratungssituation jetzt möglicherweise etwas, was die Drucksituation verändern würde. Und in dem Zusammenhang möchte ich nochmal daran erinnern, was wir gerade jetzt vor wenigen Tagen erlebt haben. Sie haben das wahrscheinlich der Presse entnommen, dass nämlich ein Arzt verurteilt wurde, jetzt gerade in der letzten Woche und zwar zu drei Jahren wegen Totschlags, weil er was gemacht hat: Er hat bei einer 37-jährigen Person – einer Tierärztin, soweit ich mich erinnere – assistierten Suizid vorgenommen, obwohl sie unter dem Eindruck einer schweren psychischen Erkrankung stand, nämlich einer depressiven Erkrankung und gerade am Vortag aus der psychiatrischen stationären Behandlung entlassen wurde. Und hier hat eben das Gericht festgestellt, dass hier die Freiverantwortlichkeit nicht, zumindest nicht sicher gegeben war, und dass eben auch kein Vier-Augen-Prinzip stattgefunden hat. Und das ist eine Situation, die – glaube ich – und nochmal vor Augen führt, wie dringend notwendig eine vernünftige gesetzliche Regelung ist. Der ist nun verurteilt worden, der Mann, aber es ist ja offensichtlich, dass so etwas stattgefunden hat. Und das ist, wie ich finde, höchst beunruhigend. Was hier in dem Zusammenhang erschwerend hinzukam, es gab offensichtlich einen Chat-Kontakt, in dem die junge Frau ihrer Ambivalenz Ausdruck verliehen hat und auch suizidale Impulse gehen immer mit ambivalenten Gefühlen einher. Soll ich? Soll ich nicht? Und das vielleicht nochmal auf das, was du vorhin fragtest. Wenn ich selber entscheide, eine Suizidhandlung an mir vorzunehmen, dann ist das in meinem inneren Kontext. Wenn ich eine dritte Person mit ins Boot hole, dann gibt es zumindest so etwas auch psychodynamisch wie eine Delegation der Legitimation; dass ich gewissermaßen eigene ambivalente Gefühle unterdrücke, an einen Dritten delegiere und sage, wenn diese Person – zum Beispiel eine ärztliche Person – sagt, hat schon seine Richtigkeit, ich dann denke, dann wird das schon so stimmen und dadurch überhüpfe ich möglicherweise eigene ambivalente Gefühle. Und auch darum, meine ich, müssen wir ein valides Schutzkonzept hier absichern.

Marianne Hirschberg
Ein weiterer Grund für ein Schutzkonzept. Jens-Christian Meyer, mit meinem Blick auf deine Uhr, bitte ich um eine gute Auswahl von vielleicht drei Fragen.

Jens-Christian Meyer
Eine gute Auswahl. Das ist ein bisschen schwierig, weil wahrscheinlich alle Fragen gut sind. Und vielleicht darf ich da an der Stelle ganz kurz erwähnen, dass hier nichts verloren geht. Ich möchte alle bitten, in den nächsten Tagen die Seite des Landesbehindertenbeauftragten zu verfolgen, weil dort wird alles dokumentiert. Und dort werden auch die Fragen, die jetzt heute nicht besprochen werden können hier in dieser Runde, aber beantwortet von den Menschen, die das beantworten können. Also nicht sauer sein, wenn jetzt Ihre Frage nicht dabei ist. Ich fange mal an.
Wie bzw. wann wird die Suizidprävention vorangetrieben? Wie wird die Entscheidung der Einzelnen sichergestellt?

Marianne Hirschberg
Suizidprävention, das war das Stichwort.

Kirsten Kappert-Gonther
Vielleicht noch einmal gesagt: Also der Antrag liegt vor aus meiner Sicht, das habe ich auch dem Gesundheitsminister noch einmal persönlich vor einigen Wochen gesagt. Es ist nicht etwas so nach dem Motto, das ist mal ein Wunsch oder so, sondern es ist ein Auftrag des Parlamentes, ein einstimmiger Auftrag des Parlamentes, dass wir ein Suizidpräventionsgesetz in diesem Land brauchen. Ich erwarte, dass das binnen diesen Jahres passiert. Und zwar erwarten im Sinne, ich erwarte das von ihnen.

Jens-Christian Meyer
Eine zweite Frage, danke. Wie ist die aktuelle Situation von dem Entschluss der Selbsttötung bis zum Aspekt der differenzierten Durchführung?

Marianne Hirschberg
Oha, ich würde vermuten, vielleicht kannst du die Frage noch einmal formulieren und dann würde ich vermuten, dass Christof Ronge, du sie beantworten kannst.

Christof Ronge
Aber ich habe sie nicht ganz verstanden.

Jens-Christian Meyer
Ich lese sie noch einmal vor. Wie ist die aktuelle Situation von dem Entschluss der Selbsttötung bis zum Aspekt der differenzierten Durchführung?

Christof Ronge
Wie lange der Zeitraum sein soll oder wie lange?

Jens-Christian Meyer
Wie sieht es jetzt aktuell aus?

Christof Ronge
Aktuell, so wie Kirsten Kappert-Gonther das gesagt hat: Es ist ungeregelt. Das heißt, wir treffen sozusagen im palliativen Kontext viele Menschen, – und das hat sich sehr, sehr, sehr gehäuft – dass wir Anfragen für Suizidverlangen bekommen, oft mit so einem Tenor, dass wir uns im Dienstleistungssektor bewegen. Und es braucht viel Arbeit, viel Beziehungsarbeit – das, was ich eben versucht habe vorzustellen – um wirklich den Gründen für dieses Suizidverlangen nachzugehen. Ansonsten ist es im Moment ungeregelt. Die Sterbehilfeorganisationen bieten das in unterschiedlichen Abständen an: von Anfrage bis zu drei Tagen, und von Anfrage bis zu drei Wochen; je nachdem, wie sie es verwaltungstechnisch abarbeiten. Das ist unterschiedlich, so wie ich es von Menschen mitbekomme. Wir haben in unserem Kontext jetzt in den ganzen letzten 15 Jahren selten assistierten Suizid dann letztendlich erfahren; dass Menschen, die wir begleitet haben, das dann auch durchgeführt haben. Aber es ist ungeregelt. Und das ist wirklich kein guter, haltbarer Zustand. Das ist tatsächlich so. Es ist ungeregelt.

Jens-Christian Meyer
Danke. Marianne Hirschberg, du hast mir drei Fragen gestattet. Ich versuche jetzt in der dritten Frage nochmal zwei, drei Punkte, die ich hier aufgenommen habe, zusammenzufassen. Ich hoffe, ich tue das richtig. Es dreht sich dabei um die juristische Seite: die Einwilligungsfähigkeit, zum Beispiel Vorsorgevollmachten und andere Dinge mehr, die dazu führen, dass ich juristisch sozusagen meinen Suizid herbeiführen kann, auch wenn möglicherweise Dritte versuchen, darüber zu entscheiden, ob meine Rahmenbedingungen richtig sind, oder nicht richtig sind. Wie bewegt man sich in diesem Themenfeld? Wird es juristisch eine Möglichkeit geben, das dann für sich selbst durchzusetzen?

Marianne Hirschberg
Ist die Frage verstanden worden? Gibt es jemanden, die/der darauf antworten möchte? Wenn nicht, würde ich...Bitte.

Christof Ronge
Im Moment ist es so, dass Freiverantwortlichkeit nur aktuell im Leben tatsächlich ausgedrückt geschehen kann im Suizidverlangen. Es kann also nicht schriftlich festgelegt werden, dass das dann gemacht werden soll im assistierten... Also wenn es um die Assistenz geht, das reicht nicht aus. Das reicht rechtlich auch tatsächlich nicht aus. Im Moment braucht es die Freiverantwortlichkeit im Leben, das nachvollziehbar geäußert zu haben. So würde ich es beantworten.

Kirsten Kappert-Gonther
Ich glaube, man muss den Gedanken, wenn man sich damit befasst, was heißt das, ab wann möchte ich so einem Impuls folgen und was könnte dahinterstecken, dass ich das auch im Rahmen einer Sorgevollmacht festlege, dann lohnt es sich, mit Menschen zu sprechen, die so eine Erfahrung gemacht haben. Dass sie irgendwann in ihrem Leben gesagt haben, und wenn ich mal (das war das Beispiel, was ich brachte) wenn ich mal dement bin oder ans Bett gefesselt bin, wird dann ja auch gerne so abwertend formuliert, dann möchte ich nicht mehr leben. Meine Erfahrung als Ärztin ist, dass sich das in dem Moment, in dem ein Mensch in einer solchen Situation ist, häufig noch mal ganz anders darstellt, weil wir natürlich gesellschaftlich tradierte Vorstellungen haben von, wie fühlt sich Hilflosigkeit an, wie fühlt sich Demenz an, wie es dann aber für mich individuell ist, das ist erstens sehr individuell unterschiedlich und zweitens hängt das eben am Kontext. Gibt es da eine Person, die mir zur Seite steht? Gibt es eine Person, die mich trotzdem wertschätzt, obwohl ich kognitiv eingeschränkt bin? Und all diese Dinge, die können wir nicht gut antizipieren, weil in der Antizipation sind gesellschaftliche und tradierte, auch abwertende Vorstellungen häufig immanent. Und das ist etwas, womit man sich, wenn man so eine Gesetzgebung vorbereitet, natürlich auch befassen muss.

Marianne Hirschberg
Vielen Dank, das klingt auf jeden Fall für mich für dieses komplexe Thema erleichternd, dass Sie sagen, es ist nicht antizipierend, nicht im Vorhinein regelbar. Das finde ich einen wertschätzenden Moment. Vielen Dank dafür. Die Zeit, ich blicke auf die Uhr, ist schneller gerannt, als wir gesprochen oder gedacht haben. Mir ist noch eines wichtig geworden und deswegen tatsächlich noch mal eine Frage von mir an Swantje Köbsell. Du hast begonnen mit der Historie. Warum würdest du sagen, ist es heutzutage immer noch wichtig, im Kontext der Hilfe zum Suizid, die Behinderten- und Krankenmorde der Nationalsozialist:innen mit in den Blick zu nehmen? Kannst du das noch mal kurz für uns in Erinnerung rufen, um auch die Brisanz der Thematik noch mal darzulegen?

Swantje Köbsell
Ich versuche die Kurzform. Ich denke, natürlich ist heutzutage vieles anders und das ist ja auch gut so. Aber bei manchen Sachen kann es sozusagen eine Warnung sein, auf welche Dinge wir achten müssen, um bestimmte Entwicklungen zu verhindern. Und das ist unter anderem, oder zwei Punkte würde ich auf jeden Fall benennen: Das eine ist ein erstarkendes gesellschaftliches Klima, das bestimmten Menschen oder Menschengruppen ihren Wert abspricht. Und ich muss keine Partei nennen, um zu sagen, aus welcher Richtung wir damit zu rechnen haben. Und das andere ist eben die Zunahme von ökonomischen Zwängen oder scheinbar ökonomischen Zwängen, die dann wiederum dazu führen, dass bestimmten Gruppen eben bestimmte Leistungen vorenthalten werden. Und wenn diese negative Haltung mit der Ökonomie zusammentrifft, gibt das eben eine sehr unheilvolle Mischung. Und das sieht man eben sehr gut, wenn man auch verfolgt, wie sich eben auch schon vor der Zeit des Nationalsozialismus bestimmte Gedankengebäude sozusagen entwickelt haben, die dann letztendlich von den Nationalsozialisten „nur umgesetzt“ worden sind.

Marianne Hirschberg
Vielen Dank nochmal für diese historische Einbettung und auch Kurzfassung. Ich muss sagen, ich würde gerne noch viel, viel mehr Fragen aus dem Publikum hören. Mir sind so ein bisschen als Moderatorin die Hände gebunden. Ich habe diesen Auftrag, auf die Zeit zu achten. Deswegen würde ich jetzt vorschlagen, wir kommen zur dritten Runde. Ich bitte jeden von Ihnen auf dem Podium um ein kurzes Abschlussstatement. Und dann übergebe ich zur Abschlussmoderation an Jens-Christian Meyer, dem ich jetzt schon mal danke, gleichermaßen wie Kai Baumann, für das Vorlesen der Fragen aus Chat und Publikum. Und dann werden wir langsam zum Schluss der Veranstaltung kommen. Aber jetzt, wer möchte beginnen mit einem Abschlussstatement, das Sie uns im Publikum und uns auf dem Podium und allen anderen im Chat auf den Weg geben? Darf ich Ihnen das Wort als Erster geben?

Kirsten Kappert-Gonther
Ich wünsche mir, dass es gelingt, im Deutschen Bundestag eine Gesetzgebung zu verabschieden, die sicherstellt, dass keine Person zum Suizid gedrängt wird und die die Freiverantwortlichkeit und Autonomie so in den Mittelpunkt stellt, dass wir anerkennen, dass gesellschaftliche Drucksituationen dazu führen können, dass Menschen sich suizidal entwickeln. Und ich möchte, dass die Freiverantwortlichkeit so abgesichert wird, dass sich niemand zum Suizid gedrängt sieht.

Marianne Hirschberg
Vielen Dank. Christof Ronge.

Christof Ronge
Ich fand die Antwort von Kirsten Kappert-Gonther, zu der Ambivalenz und der Übergabe an jemanden Dritten, total schlau und gut. Und genau das ist das, was mich ganz, ganz viel beschäftigt und auch viel, viel Sorge bereitet, was die Assistenz, also den Dritten angeht. Und ich wünsche mir, dass die Würde des Menschen unantastbar; das ist von dem Bundesverfassungsgericht so interpretiert worden, mit der Freiheit des Dritten, der das machen darf. Und ich halte das für eine Fehlinterpretation und wünsche mir, dass die Würde des Menschen nicht durch einen Dritten antastbar wird und nur in absoluten Ausnahmefällen notwendig ist. Und das kann man gut strukturieren. Ansonsten ist der assistierte Suizid vermeidbar, verzichtbar und mit der Würde des Menschen aus meiner Sicht nicht gut vereinbar. Vielen Dank.

Swantje Köbsell
Ja, da kann man jetzt schon fast gar nicht mehr viel zu sagen. Was ich nochmal sagen möchte, ist, ich denke, es ist sehr deutlich geworden, dass der ungeregelte Zustand, den wir jetzt haben, nicht haltbar ist, sondern gerade im Sinne auch des Schutzes von vulnerablen Gruppen unbedingt geregelt werden muss. Und was mir nochmal wichtig wäre, was mir immer auch fehlt in dem ganzen Kontext der Umsetzung der Behindertenrechtskonventionen, man kann natürlich vieles in Paragraphen gießen, aber wir sehen ja auch, Recht haben und Recht bekommen sind zwei Paar Schuhe. Und die gesellschaftliche Atmosphäre verändert sich dadurch ja nicht zwingend, sondern kann ganz im Gegenteil nach hinten losgehen, nach dem Motto, jetzt kriegen die auch noch das und das. Und die UN-Behindertenrechtskonvention hat ja diesen Artikel 8 „Bewusstseinsbildung“ und ich finde, der fällt immer unter den Tisch. Und deswegen würde ich nochmal ganz stark dafür plädieren, dass da auch mehr Kreativität entwickelt wird, um das Thema Bekämpfung von Ableism gesellschaftlich auch tatsächlich in unterschiedlichsten Varianten öffentlich zu bespielen und eben auch die breitere Gesellschaft mit einzubeziehen.

Marianne Hirschberg
Vielen Dank. Ich bedanke mich für Ihre schriftliche Beteiligung, für die Beteiligung im Chat, für eure Beteiligung auf dem Podium und würde, Jens-Christian Meyer, an dich übergeben und euch, Joachim Steinbrück und Arne Frankenstein, dann noch ermöglichen, zusammenzufassen und zum Schluss zu kommen.

Jens-Christian Meyer
Vielen Dank, Marianne Hirschberg, das hast du ganz prima gemacht. Danke. Ja, und eben die Blicke haben wir gesehen. Die beiden Herren, die eröffnet haben, bringen auch das Abschlussstatement. Deswegen haben wir sie gerade nicht in dieser bunten Reihe mit aufgenommen. Bitte.

Arne Frankenstein
Diesmal fange ich an. Ich will nicht nochmal alles wiederholen. Es ist schon ganz viel gesagt worden. Ich will nochmal versuchen, ein paar Schwerpunkte aus der Debatte nochmal zu benennen, ohne dass das Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Ich glaube, dass es heute aus meiner Sicht auch nochmal ein Startpunkt für eine weitere Debatte ist, die eben danach auch folgen muss. Und ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, dass eben da auch eine Einbeziehung dieser Veranstaltungsinhalte, aber auch sozusagen der Vertretung behinderter Menschen dann im parlamentarischen Verfahren erfolgen soll. Ich will auch nochmal an den Anfang stellen, dass, glaube ich, deutlich geworden ist, dass wir eine Regelung brauchen mit einem konkreten Schutzkonzept. Das ist jedenfalls meine Auffassung. Weil deutlich geworden ist, dass diese unregulierte Situation eben sehr gefahranfällig ist. Und dann ist, glaube ich, auch deutlich geworden in der Debatte, dass wir Strukturen brauchen, die eine frei verantwortliche und selbstbestimmte Entscheidungsfindung absichern. Und das hat dann ganz unterschiedliche Bausteine. Auf der einen Seite ist über das Schutzkonzept gesprochen worden. Da glaube ich, dass gewisse Verfahrensregeln richtig sind. Ich würde mich darüber hinaus auch dafür aussprechen, noch stärker auch in die inhaltliche Frage einzusteigen, was das dann bedeutet. Ein anderer Aspekt, den ich besonders wichtig finde und der ja auch schon auf einem guten Weg ist, ist die Frage der Suizidprävention, mit den vielen unterschiedlichen Bausteinen, die Kirsten Kappert-Gonther auch genannt hat. Und was mich sozusagen nochmal umtreibt, ist die Frage, wie wir auch Menschen mit besonders schwerwiegenden Behinderungen schützen können. Besonders beschäftigt mich auch das, was Christof Ronge gesagt hat zur Studie zu assistiertem Suizid von Menschen mit Autismus und intellektuellen Beeinträchtigungen, weil sie nämlich zeigt, dass Behinderung in einer nicht inklusiven Gesellschaft zum Lebensrisiko werden kann. Oder um es mit den Worten von Swantje Köbsell zu sagen, wir müssen verhindern, dass selbstbestimmtes Leben die Alternative zum selbstbestimmten... Umgekehrt. Dass selbstbestimmtes Sterben die Alternative zum selbstbestimmten Leben werden kann. Zumindest möglichst. Und deshalb frage ich mich, ob nicht auch im Anschluss an das, was Swantje Köbsell gesagt hat, diese, also ein dritter Baustein nicht auch sein müsste, nochmal zu wesentlichen Strukturveränderungen zu kommen, um die Bedingungen, ich sag mal, guten Lebens insgesamt zu verbessern. Das ist jetzt an so vielen Stellen angesprochen worden, dass wir uns da in eine Richtung begeben, die gesellschaftspolitisch problematisch ist. Und in dem Bewusstsein, wenn wir das alle wissen, dann müssen wir, glaube ich, auch ganz konkret dazu kommen, dass das ein politischer Handlungsschwerpunkt ist. Sonst sind viele andere Fragen eben auch besonders problematisch. So weit von mir. Joachim Steinbrück.

Joachim Steinbrück
Ich schließe mich dir erstmal voll an. Und ich denke einfach, das hat die heutige Veranstaltung auch gezeigt: Es ist wichtig, dass wir auch als Vertretung behinderter Menschen und Interessensvertreter behinderter Menschen am Ball bleiben. Und gerade solche Themen, auch wenn sie heikel sind, auch wenn sie schwierig sind…Also wir haben am Anfang, als wir das hier geplant haben, da manchmal gesessen und haben auch gedacht, haben wir uns da inhaltlich nicht vielleicht zu viel vorgenommen, so ein schwieriges, so ein heikles und ja auch so ein umstrittenes Thema aufzugreifen. Nach meinem Eindruck war es aber genau richtig, dies zu tun, weil wir zumindest erreicht haben, dass die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages, das ist ja schon mal eine ganze Menge, uns versprochen hat, sich dafür einzusetzen, dass wir bei den Anhörungen zur Gesetzgebung auch beteiligt werden, wer auch immer das dann in Person ist. Ich denke, es ist wichtig, dass es eben ein behinderter Mensch ist mit Kompetenz auch. Und ich glaube, wir müssen einfach wirklich dranbleiben und immer wieder auch unsere Forderungen in die Debatte bringen, damit eben tatsächlich das selbstbestimmte Sterben nicht dem selbstbestimmten Leben vorangestellt wird. Ich bin froh, dass ich im Verein Selbstbestimmt Leben bin, den ich mag und das Leben liebe ich. Ja, damit vielen Dank.

Jens-Christian Meyer
Vielen Dank. Arne, du hast noch etwas?

Arne Frankenstein
Nein, nichts Inhaltliches. Aber ich würde trotzdem gerne aus Sicht der Veranstalter nochmal diese außergewöhnliche Kollektivleistung auch in der Vorbereitung hervorheben wollen. Das hat wirklich außergewöhnlich gut funktioniert mit allen Beteiligten, die ich nicht namentlich erwähnen will, außer einem, der ist schon angesprochen worden, ein bisschen der Chef des Organisationskomitees, Kai Baumann, der wirklich ganz wesentlich dazu beigetragen hat. Genau, der die letzten Tage, glaube ich, rund um die Uhr gearbeitet hat. Also insoweit freuen wir uns auch, dass wir das jetzt mit diesem Schlusspunkt hier gut zu Ende gebracht haben.

Jens-Christian Meyer
Prima. Danke schön. Ja, mich quält hier noch, dass ich nicht alle Fragen weitergeben konnte. Darum möchte ich noch einmal sagen, nutzen Sie die Gelegenheit: Alle hier auf dem Podium befindlichen Personen haben mir versprochen, dass sie noch mindestens eine halbe Stunde sich Zeit genommen haben, um mit Ihnen persönlich ins Gespräch zu kommen, sodass Sie dann Ihre Aspekte vielleicht dort auch noch einmal kurz miteinander besprechen können.
Jetzt kommt die lange Liste des Danksagens. Also wir haben ja schon ganz viel gehört. Danke an Sie hier im Publikum. Damit fange ich jetzt mal an. Sie haben gezeigt, wie wichtig dieses Thema hier in Bremen ist. Denn es ging ja darum, einen Impuls zu senden. Das war sozusagen für heute das Tagesziel. Ein Impuls, den Kirsten Kappert-Gonther dankenswerterweise empfangen hat und mitnehmen wird und ja auch selbst mitgestaltet hat in die Diskussion nach Berlin. Das Gleiche gilt natürlich für die Menschen, die uns auf den Bildschirmen zuschauen. Auch Ihnen vielen Dank für Ihre Eingaben. Auch da der Hinweis letztlich für alle: Halten Sie die Seite des Landesbehindertenbeauftragten im Auge. Halten Sie Kontakt zu Selbstbestimmt Leben. Das war der Anfang einer Diskussion. Also ich lehne mich mal ganz weit raus und sage, dass dieses hier garantiert nicht die letzte Veranstaltung dieser Art war. Wir haben ja gerade erlebt, wie viele Fragen es gibt und wie tief man auch in dieses Thema einsteigen kann. Sie haben erlebt und sind vielleicht auch schon Teil von einem Netzwerk hier in Bremen, das sich mit genau diesem Thema beschäftigt. Ein starkes Netzwerk mit den hier Beteiligten. Und ich möchte Sie ermuntern, so Sie es noch nicht sind, Teil dieses Netzwerks zu werden, mit diesen Menschen, mit diesen Institutionen im Gespräch zu bleiben, um für diese wichtige Sache den richtigen Weg zu entwickeln. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, fürs Mitmachen. Ganz besonderer Dank natürlich, auch wenn sie schon nach Hause gegangen ist, an Christine Fortlager und ihr Team hier im Quadrat für diese wunderbare Gelegenheit, hier zu arbeiten und für die Gastfreundschaft, die Sie uns hier entgegengebracht haben.
Ich darf jetzt hiermit die Veranstaltung, diese erste, mit leichtem Überzug beenden. Ich sage vielen Dank und auf Wiedersehen.

Im folgenden Dokument finden Sie die Vorträge von Swantje Köbsell und Christof Ronge.
Präsentation - Suizidhilfe – (Auch) eine Bedrohung für behinderte Menschen? (pdf, 661 KB)

Bildergalerie zur Veranstaltung