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Euthanasie

Kranke und behinderte Menschen gehören zu den Verfolgten des Nationalsozialismus. Sie galten als Belastung für die deutsche "Volksgemeinschaft". Bis zu 400.000 Menschen wurden ab 1934 gegen ihren Willen sterilisiert, mehr als 200.000 Menschen aus Heil- und Pflegeanstalten ermordet.

Seit einiger Zeit beschäftigt sich das Team des Landesbehindertenbeauftragen verstärkt mit den Euthanasie-Verbrechen während der Nazizeit und führt Veranstaltungen und Bildungsfahrten durch. Auf dieser Seite erhalten Sie Einblick in die Arbeit.

Besuch des Krankenhaus-Museums am Klinikum Bremen Ost sowie der "Euthanasie"-Gedenkstätte Lüneburg

Um das Euthanasie-Verbrechen während der Nazizeit nach der Wanderausstellung "erfasst, verfolgt, vernichtet" weiter zu behandeln, besuchten auf Einladung des Landesbehindertenbeauftragten 35 Bremerinnen und Bremer im Spätsommer 2017 das Krankenhaus-Museum am Klinikum Bremen Ost sowie die Gedenkstätte Lüneburg. Gemeinsam setzte sich die Gruppe dabei in Einfacher Sprache tiefgründig mit den Nazi-Verbrechen an kranken und behinderten Menschen auseinander.

Um mit genug Hintergrundwissen in die "Euthanasie"-Gedenkstätte Lüneburg zu reisen, fand Mitte August 2017 durch den Leiter der KulturAmbulanz am Klinikum Bremen Ost, Herrn Tischer eine Einführung in die Thematik statt. Neben einem Rundgang über das Klinikgelände, bei dem die Funktion einzelner Häuser sowie die Mahntafel "IRRSTERN" erläutert wurden, besuchte die Gruppe des Weiteren die Dauerausstellung "Vom Narrenkäfig zur Nervenklinik" in der oberen Etage der KulturAmbulanz. Die Ausstellung dokumentiert mit Hörstationen, interaktiven Medien und einem Film die Kulturgeschichte der Psychiatrie. Dankenswerterweise nahmen an dem Besuch der KulturAmbulanz sowie an der Fahrt nach Lüneburg die beiden Angehörigen von Opfern der Euthanasie Friedrich Buhlrich und Hans-Walter Küchelmann teil.

Zwei Wochen später, am 31. August 2017 traf sich die Gruppe um sieben Uhr am ZOB Bremen. Gemeinsam ging es anschließend mit einem gecharterten barrierefreien Reisebus nach Lüneburg. In der im Jahr 2004 eröffneten "Euthanasie"-Gedenkstätte angekommen, gab es eine Begrüßung und Einführung durch den Vorsitzenden der Gedenkstätte, Dr. Sebastian Stierl sowie der wissenschaftlich-pädagogischen Leiterin, Dr. Carola Rudnick. Sie erläuterten eingangs der Gruppe die Geschichte der Gedenkstätte. Die „Euthanasie“-Gedenkstätte wurde im November 2004 als "Bildungs- und Gedenkstätte ‚Opfer der NS-Psychiatrie‘ Lüneburg" eröffnet. Schwerpunktthema der Arbeit ist die Geschichte der "Kinderfachabteilung", in welcher von 1941 bis Kriegsende 300 bis 350 Kinder aus ganz Norddeutschland getötet wurden.

Eindrücke

Bereits zu Anfang wurde mit einer Werte-Versteigerung ein Gegenwartsbezug hergestellt. Mit der Aktion wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer angeregt, sich zu überlegen, was die eigenen bzw. erstrebenswerten Werte sind. Die Versteigerung im Nachgang führte der Gruppe jedoch vor Augen, wie schnell man für sich wichtige Werte vernachlässigt. Anschließend stellte Frau Dr. Rudnick die Geschichte des Umgangs mit behinderten Menschen in den vergangenen 2.000 Jahren dar. Um vor allem das Gehörte zur früheren Landes- Heil-und Pflegeanstalt Lüneburg zu verarbeiten, erfolgte vor dem Mittagessen ein Rundgang über das Psychiatriegelände zu den Häusern der ehemaligen "Kinderfachabteilung".

Im zweiten Teil der Exkursion setzte sich die Gruppe mit vier jungen Menschen auseinander, die in der Lüneburger Tötungsanstalt untergebracht waren und dem Naziwahn zum Opfer gefallen sind. Zusätzlich setzte sich die Gruppe auch mit den Geschichten der Geschwister von Friedrich Buhlrich und Hans-Walter Küchelmann auseinander. Zum Ende der Exkursion besuchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den nahgelegenen Friedhof und die Gräber.

Der Landesbehindertenbeauftragte und sein Arbeitsstab bedanken sich herzlich bei dem Team der "Euthanasie"-Gedenkstätte sowie der KulturAmbulanz Bremen. Ein besonderer Dank für ihr Engagement gilt auch Friedrich Buhlrich und Hans-Walter Küchelmann.

Die Menschlichkeit einer Gesellschaft zeigt sich nicht zuletzt daran, wie sie mit den schwächsten Mitgliedern umgeht.

Ausstellung "erfasst, verfolgt, vernichtet" - Ein Monat im Zeichen der Bewusstseinsbildung

Circa 25.000 Menschen besuchten vom 3. August 2016 bis zum 5. September 2016 in der Unteren Rathaushalle die Wanderausstellung "erfasst, verfolgt, vernichtet. Kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus". Führungen durch die Ausstellung wurden sowohl in herkömmlicher als auch in Leichter Sprache angeboten. Ferner bestand die Chance an "Tandem-Führungen" teilzunehmen. Hierbei führte eine für die Ausstellung eingesetzte "Führungskraft" gemeinsam mit einem prominenten Bremer oder einer prominenten Bremerin durch die Ausstellung. In diesem Rahmen ging Anfang August Joachim Steinbrück mit einer Runde von Interessierten durch die Ausstellung und stellte seine Gedanken zur Ausstellung vor.

Medienberichte zur Ausstellung "erfasst, verfolgt, vernichtet"

Am 3. August 2016 fand in der Oberen Rathaushalle die Eröffnungsveranstaltung zur Wanderausstellung statt. Ausgerichtet wurde diese durch die KulturAmbulanz, der Landeszentrale für politische Bildung Bremen sowie dem Zentrum für Psychosoziale Medizin, Gesundheit Nord. Unter anderem sprach der Schirmherr der Ausstellung, Bürgermeister Dr. Carsten Sieling ein Grußwort. An dem Festakt im Bremer Rathaus nahm auch das Büro des Landesbehindertenbeauftragten teil.

Die Eröffnung der Ausstellung wurde durch eine Vielzahl an Medien behandelt. Hier einige Links:

Viel Interesse an der Veranstaltung "Ausgrenzung und Verfolgung behinderter Menschen während der NS-Zeit" im Kwadrat - Vorträge in Einfacher Sprache

Mehr als 50 Interessierte tauschten sich am 1. September zur "Ausgrenzung und Verfolgung behinderter Menschen während der NS-Zeit" aus. Ausgerichtet wurde die Veranstaltung durch das Büro des Landesbehindertenbeauftragten in Kooperation mit SelbstBestimmt Leben, der LAGS sowie dem Werkstattrat.

Eingangs wurden die TeilnehmerInnen durch Joachim Steinbrück sowie Sozialsenatorin Anja Stahmann begrüßt. Beide betonten die Wichtigkeit, dass das Thema "Euthanasie" nicht in Vergessenheit geraten darf. Die Nazis haben damals in wertes und unwertes Leben unterschieden. Mit Blick in die Zukunft sagte Anja Stahmann: "Wir müssen uns erinnern, damit so etwas in Zukunft nicht noch einmal passieren kann. Wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft gestalten."

Im Nachgang sprachen Susanne Göbel und Uta George. Beide beschäftigen sich bereits seit langen mit der Verfolgung von behinderten Menschen während des Nationalsozialismus. In einer Einfachen Sprache erläuterten sie die Geschehnisse während der Nazi-Diktatur. Unter anderem anhand folgender Fragen gaben sie den Teilnehmerinnen einen Überblick:

  • Wie lebten behinderte Menschen und Menschen mit psychischen Gesundheits-Problemen im National-Sozialismus?
  • Warum mochten die National-Sozialisten behinderte Menschen und Menschen mit psychischen Gesundheits-Problemen nicht?
  • Was war ab 1939?
  • Was geschah mit den Tätern und Täterinnen nach dem Krieg?

Nach dem Vortrag von Susanne Göbel und Uta George hat Jan Frerichs von der der ehemaligen Redaktion des Rhododendron-Blatts erzählt, wie sie sich die Redaktion fühlte, als sie mit Begleitung ihres Lehrers zu den Taten der Nazis geforscht hat. In ihrer letzten Ausgabe hat sich die Schülerzeitung mit dem Thema Nationalsozialismus beschäftigt.

Um die Vorträge aufzuarbeiten und um weitere Fragen zu klären, fanden in der zweiten Hälfte der Veranstaltung vier Arbeitsgruppen statt. Diese trugen die Überschrift Kreativ-, Gesprächs-, Wissens- sowie Das-kann-man-tun-Gruppe.
Nach einer Stunde trafen sich die Arbeitsgruppen im Plenum wieder und berichteten sich gegenseitig von ihren Ergebnissen.

Das Büro des Landesbehindertenbeauftragten hat sich sehr über das Interesse an der Veranstaltung gefreut. Bis zum Ende des Jahres wird nun eine Zusammenfassung erarbeitet. Nähere Infos folgen.

"Es gibt keine Norm für das Menschsein" - Oder doch...?

Der IRRTURM als Forum für Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung gestaltet derzeit eine Broschüre zum Thema Euthanasie - Verbrechen der Nationalsozialisten. Neben wissenschaftlichen Aussagen, sollen in der Broschüre auch Sichtweisen von Menschen enthalten sein, die von der Verfolgung in der damaligen Zeit betroffen gewesen wären. Als Landesbehindertenbeauftragter hat Joachim Steinbrück sich gerne mit dem anliegenden Aufsatz an der Broschüre beteiligt.

Arbeitsstab des Landesbehindertenbeauftragten wirkt am Begleitprogramm mit - Beteiligung weiterer Einrichtungen/ Institutionen ausdrücklich erwünscht

Vom 3. August 2016 bis zum 5. September 2016 wird in der Unteren Rathaushalle die Wanderausstellung "erfasst, verfolgt, vernichtet. Kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus" zu sehen sein. Die von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) in Auftrag gegebene Ausstellung wurde erstmals Anfang 2014 im Deutschen Bundestag in Berlin gezeigt. Sie gibt einen umfassenden Überblick über die Ermordung psychisch kranker und behinderter Menschen im Nationalsozialismus und stellt damit Menschen in den Mittelpunkt, die lange Zeit als Verfolgte vergessen und verschwiegen wurden.

Foto: Büro des LBB
Foto: Büro des LBB

Der Landesbehindertenbeauftragte begrüßt, dass es dem Krankenhaus-Museum (KulturAmbulanz am Klinikum Bremen Ost) in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung und dem Zentrum für Psychiatrie am Klinikum Bremen-Ost gelungen ist, die Wanderausstellung nach Bremen zu holen. Das Büro des Beauftragten unterstützt die Ausstellung und wird sich an dem Begleitprogramm im Sommer 2016 inhaltlich mit einer eigenen Veranstaltung beteiligen.

Foto: Büro des LBB
Foto: Büro des LBB

Im Rahmen eines Besuchs der Dauerausstellung "Vom Narrenkäfig zur Nervenklinik.." durch Joachim Steinbrück, Kai J. Steuck, Kai Baumann und Nadine Wendelken, fand Ende Februar ein erstes Gespräch mit dem Leiter der KulturAmbulanz, Achim Tischer statt.
Derzeit suchen die Organisatoren weitere Institutionen und Einrichtungen, welche sich am Begleitprogramm zur Ausstellung durch einen eigenen Beitrag beteiligen wollen. Nähere Informationen zur Ausstellung sowie zu einer möglichen Beteiligung am Begleitprogramm entnehmen Sie bitte den Anlagen.

Die Dienststelle des Landesbehindertenbeauftragten würde sich darüber freuen, wenn weitere Verbände und Institutionen die Ausstellung aktiv begleiten und bewerben würde.