Die Einladung für einen Beitrag zur Rubrik "Behindertenrechtsaktivist*in" hat mich sehr gefreut auch wenn ich dachte, "Behindertenrechtsaktivist*in" bin ich nicht - wohl aber eine Aktivist*in für Gerechtigkeit und gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und Nicht-Beachtung von Menschen, insbesondere von Frauen und Mädchen. Für Feministinnen meiner Generation waren Selbstbestimmung und Autonomie seit den 70igern die bestimmenden Themen. Menschen, Frauen und Mädchen mit Behinderung passten da gar nicht rein und kamen eigentlich auch kaum vor.
Ich hatte aber das große Glück und die Chance, meinen Horizont erweitern zu können. Dafür haben vor allem "Behindertenrechtsaktivist*innen“ gesorgt. Als wir uns kritisch mit der systematischen vorgeburtlichen Suche nach möglichen Behinderungen (Pränataldiagnostik), mit Gentechnik und Reproduktionstechniken auseinandersetzen, kamen wir nicht daran vorbei, auch danach zu fragen, was "gesund" oder "krank" oder "normal" ist. Die ethische Debatte um unser Menschenbild, um eine Gesellschaft, in der Alle in der Gewissheit leben können, niemals in ihrem Sein in Frage gestellt zu werden, haben wir als "Frauenrechtsaktivist*innen" mit "Behindertenrechtsaktivist*innen" manchmal auch heftig geführt. Ich habe viele wunderbare, anstrengende und lebendige Menschen getroffen, wir waren sehr offen miteinander und haben zusammen viel hinbekommen. Diese Zeit hat mich sehr geprägt – ich habe sie genossen. In meiner Tätigkeit beim Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen waren es besonders die Mütter, mit denen ich so gerne gearbeitet habe. "Glück kann man teilen – Sorgen auch" – unter diesem Motto war so viel möglich.
Was ich begriffen hatte konnte ich dann auch dort einbringen, wo ich weiterhin gearbeitet habe. Zu tun gab es genug: die Belange von Menschen mit Behinderungen sind in vielen Bereichen oft genug nicht wahrgenommen, verdrängt oder schlicht ignoriert. Und für Frauen und Mädchen mit Behinderung gilt das noch einmal mehr. Gut, dass ich immer noch Kontakt zu Aktivist*innen wie den Kolleg*innen beim Weibernetz hatte und habe.
All dies hatte ich im Gepäck, als ich 2010 zur Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau, ZGF kam und dafür zu sorgen hatte, dass Frauen* und Mädchen*, die Gewalt erleben, angemessen unterstützt werden. Die Zusammenarbeit mit dem Landesbehindertenbeauftragten und den Kollegen, Ramona Bauermann-Meyer als Vertreterin der Frauenbeauftragten in Werkstätten, Kolleg*innen aus der Arbeit und mit dem Fachreferat bei SJFIS war immer freundlich, offen und konstruktiv. Für Aktivist*innen ist Verwaltung mit ihrem Fragen nach "Zuständigkeit" und langwierigen Geschäftsgängen oft schwer zu ertragen – das gemeinsame Engagement für die Belange von Menschen mit Behinderung war immer anders – das war einfach klasse und hat mein Engagement so leichtgemacht. In diesem Sinn sage ich
"Danke für die gute Zeit und Auf Wiedersehen!"
Margaretha Kurmann