Sie sind hier:

Porträt der Behindertenrechtsaktivistin Janne Schmidmann

Janne Schmidmann
Janne Schmidmann

Hallo, ich bin Janne Schmidmann, 16 Jahre alt und Schülerin der 11. Klasse. Ich bin ein absoluter Pferdemensch und verbringe jede freie Minute im Stall. Wenn ich nicht gerade am Stall oder in der Schule bin, setze ich mich für Inklusion und bessere Bildung ein.

Mein Interesse an Inklusion entwickelte sich früh, da ich selbst aufgrund einer Knochenerkrankung eine Behinderung habe. Weshalb zum Beispiel mein linkes Bein momentan ohne Orthese nicht die Kraft hat mich durchs Leben zu tragen und mein rechter Arm häufig nicht so das macht, was ich möchte. Auch in meiner Familie spielt das Thema Inklusion immer eine große Rolle. Mein Bruder hat viele gesundheitliche „Baustellen“ und besuchte vier Jahre lang eine Förderschule und auch bei mir und meiner Schwester gab es im schulischen Kontext immer wieder Barrieren aufgrund unserer Knochenerkrankung. Das sensibilisiert für das Thema…

Der Frust darüber, wie oft Inklusion nicht funktioniert, wie oft Menschen ausgegrenzt werden und wie sehr die Bedingungen der Umsetzung einer guten und inklusiven Bildung im Weg stehen, brachten mich dann dazu, meine Facharbeit über das Thema Inklusion an Bremer Schulen zu schreiben. Das war für mich ein Wendepunkt. Obwohl ich bis dahin eine schüchterne Person war, die sich gerne im Hintergrund hielt, änderte sich das schlagartig. Für meine Facharbeit führte ich ein Interview mit Meike Wittenberg von der Senatorin für Kinder und Bildung zum Thema Inklusion an Schulen. Dabei wurde mir sehr klar, dass es notwendig ist, an den Strukturen etwas zu verändern, wenn Inklusion gelingen soll.

Nach meiner Facharbeit war ich deshalb an der Gründung des Schüler*innenrates der Inklusion beteiligt. Der Schüler*innenrat trifft sich regelmäßig, um Lösungen für aktuelle Probleme zu finden und einen Fachtag zum Thema Inklusion an Schulen zu organisieren.

Im April 2023 nahm ich an meinem ersten Treffen der Initiative Bildungswende JETZT! in Bremen teil. Schon bald unterstützte ich das Organisationsteam für Demonstrationen aktiv. Kurz vor der Demo am 23. September durfte ich meine erste Rede auf einer Pressekonferenz in Berlin zum Thema Inklusion und Bildung halten. Es folgten weitere Reden. Ende 2023 wurde ich ins Sprecher*innenteam der Bildungswende gewählt, in dem ich bis heute aktiv bin.

Eine meiner nächsten großen Aktionen war die Teilnahme an einer Podiumsdiskussion des Landesbehindertenbeauftragten zum Thema „Ins Handeln kommen – Inklusion an Bremer Schulen“. Dort durfte ich meine Perspektiven als Schülerin einbringen. In den Folgeveranstaltungen entwickelte sich die Idee eine Schüler*innenvertretung zu gründen, die speziell Fragen der Inklusion in den Fokus nimmt. Daran arbeiten wir gerade.

Es folgten viele Demos und Gespräche mit Politiker*innen. Manchmal wurden unsere Anliegen gehört, oft gingen wir aber auch frustriert aus diesen Gesprächen raus. Ein besonderes Highlight war für mich dennoch im Juni die Kundgebung vor der Ministerpräsident*innenkonferenz in Berlin, bei der ich zum Thema Inklusion sprach. Auch hier wurden wir nicht wirklich gehört, aber zu erleben, wie viele Menschen stundenlang in der Hitze standen, um für unser Anliegen einer besseren Bildung einzutreten, hat mich sehr beeindruckt und motiviert.

Als ich im Oktober 2024 eine Pressemitteilung zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung schrieb, fiel mir auf, dass in Bremen keine Veranstaltungen geplant waren. Kurzerhand nahm ich die Organisation selbst in die Hand. In kurzer Zeit trommelten wir zahlreiche Menschen und Organisationen zusammen. Am 3. Dezember fand eine Kundgebung mit rund 200 Teilnehmer*innen statt, bei der wir den Verkehr für eine Stunde blockierten. Diese Veranstaltung war für mich das bisherige Highlight meines Engagements.

Angesichts des momentanen gesellschaftlichen Rechtsrucks mache ich mir viele Gedanken und empfinde es als noch viel dringlicher mich aktiv für Inklusion und eine bunte, vielfältige Gesellschaft einzusetzen!

Meine Vision oder was mich antreibt

Meine Vision ist eine inklusive und zukunftsfähige Gesellschaft, in der jede*r so akzeptiert und respektiert wird, wie er, sie, es ist. Konkret wünsche ich mir:

  • Gleiche Bildungschancen: Alle Kinder und Jugendlichen sollen unabhängig von Behinderung oder anderer Merkmale einen Schul- und Kita-Platz erhalten, ohne Diskriminierung oder Ablehnung.
  • Bewusstsein schaffen: Behinderung darf nicht länger ein Tabuthema sein und schon gar kein Schimpfwort.
  • Barrierefreiheit als Standard: Schulen, Kitas und andere Bildungseinrichtungen müssen für alle zugänglich sein – nicht nur baulich, sondern auch inhaltlich.
  • Jeder Mensch erhält die Chance auf Teilhabe UND Teilgabe!
  • Förderung von Vielfalt: Eine Gesellschaft, in der Vielfalt als Stärke gesehen wird und alle Menschen die Unterstützung bekommen, die sie brauchen, um ihr volles Potenzial zu entfalten.

Nur gemeinsam können wir eine Gesellschaft bilden in der Vielfalt eine Bereicherung ist und jede*r so unterstützt wird wie es der Mensch braucht.