Liebe Leserin, lieber Leser,
seit dem Beginn der COVID-19-Pandemie sind der Landesbehindertenbeauftragte und sein Team aktiv an der Debatte zur Krisenbewältigung in Bremen beteiligt.
Die Pandemie hält uns alle in Atem. Beispielsweise lag nach dem aktuellen Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institutes im Oktober die Anzahl der arbeitslosen Menschen mit Schwerbehinderung in Deutschland um rund 13 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Damit sind derzeit 173.700 behinderte Menschen ohne Arbeit, das ist der höchste Wert seit 2016. Die Auswirkungen der Pandemie auf den Arbeitsmarkt sind also für behinderte Menschen besonders gravierend. Weitere Infos von Aktion Mensch
Viele auch lange vorbereitete Veranstaltungen wie zum Beispiel der inklusive Fachtag des LBB zum Thema "Medienkompetenz und Behinderung" (Kooperationsveranstaltung mit der Bremischen Landesmedienanstalt und dem Martinsclub Bremen e.V.) Anfang November und die Arbeitsgruppensitzungen zu den Handlungsfeldern des Landesaktionsplans zur Umsetzung der UN-BRK mussten abgesagt werden.
Wir schalten uns in die verschiedenen Debatten ein von der Mund-Nasen-Bedeckung, der Frage der Nutzung barrierefreier Reisebusse (siehe News), der Gewährleistung von persönlicher Assistenz von Kindern und Jugendlichen, der digitalen Barrierefreiheit bis hin zur Umsetzung der Corona-Impfstrategie in Bremen.
Apropos, wir sind mitten in der Triage. Für den Fall einer Überlastung des Gesundheitssystems in der Pandemie wären einige Menschen von lebensrettenden Maßnahmen ausgeschlossen. Drohen medizinische Versorgungsengpässe, ist gesetzlich nicht geregelt, nach welchen Kriterien die zu knappen Behandlungskapazitäten verteilt werden sollen. Immer mehr Nachrichten deuten darauf hin, wie dringlich diese Diskussion ist. Ein Beispiel aus einem Pflegeheim im sächsischen Lohsa, wo einem Bericht zufolge abgewogen wurde, wer von den vielen mit dem Corona-Virus infizierten Menschen im Krankenhaus behandelt wird und wer nur palliativ im Pflegeheim versorgt wird, zeigt die Dringlichkeit von klaren und nichtdiskriminierenden Regelungen im Falle knapper werdender Ressourcen auf. In dieser Frage ist eine Verfassungsbeschwerde anhängig, die das Ziel einer diskriminierungsfreien Regelung durch den Gesetzgeber verfolgt. Das Bundesverfassungsgericht wird im kommenden Jahr die Hauptsache verhandeln und es ist völlig offen, wie dort entschieden wird.
Die Empfehlungen zur Triage lehnen wir ab. Arne Frankenstein hat zusammen mit Nancy Poser für das Forum behinderter Juristinnen und Juristen bereits im Frühjahr eine Position entwickelt, deren inhaltliche Ausrichtung auch in einer Verfassungsbeschwerde aufgegriffen und vertieft worden ist.
Im "Behindertenparlament Extra" am 20. November hat Arne Frankenstein in seinem Redebeitrag angeregt, dass Bremen mit anderen Ländern eine Bundesratsinitiative startet, um die Frage der Triage den Bundestag entscheiden zu lassen. Der anwesende Parlamentspräsident Frank Imhoff hat sich für eine breite gesellschaftliche Diskussion ausgesprochen und ergänzt, um für Akzeptanz zu werben, dass er diese Frage gerne in den Parlamenten diskutiert haben möchte. Wir müssen jetzt alle wachsam sein und darauf achten, dass die Angst vor dem Corona-Virus nicht zu einer Verstärkung diskriminierender und ausgrenzender Strukturen führt.
Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass bei der Ausbreitung des Virus und den getroffenen Schutzmaßnahmen Menschen mit Beeinträchtigungen besonders geschützt und unterstützt werden. Seien Sie versichert, dass wir weiterhin nach Kräften dafür arbeiten werden, die fortbestehenden Probleme besseren Lösungen zuzuführen.
Heute startet der Landesbehindertenbeauftragte in die Welt der Sozialen Medien mit einem eigenen Facebook-Auftritt und der Nutzung von Twitter. Auf Facebook wird der Beauftragte Einblicke in seine Arbeit geben und über aktuelle Entwicklungen und Diskussionen zu Inklusion und Teilhabe berichten und auf Twitter informiert die Zentralstelle rund um die digitale Barrierefreiheit. Wir würden uns freuen, wenn Sie unseren Aktivitäten zahlreich folgen.
Rückblickend gab es in den letzten Wochen wieder vielerlei Aktivitäten auf der Landesebene. In der Rubrik Von uns fassen wir Beispiele aus dem Bereich der Behindertenpolitik der letzten Wochen noch einmal für Sie zusammen.
Arne Frankenstein hat sich auch weiterhin zu einem allgemeinen Informations- und Gedankenaustausch in den vergangenen Wochen mit Politiker*innen getroffen. Dazu zählen Termine mit den Senator*innen und Bürgerschaftsabgeordnet*innen aller demokratischen Fraktionen.
Themen waren unter anderem die Belange und Probleme behinderter Menschen in der Bewältigung der Corona-Pandemie, der Vollzug des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes und die Fortschreibung des Landesaktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.
Des Weiteren ist Kai J. Steuck am 17. November in Vertretung des LBB der Einladung von Airbus Operations GmbH zur Schwerbehindertenversammlung nachgekommen und hat als Gast und Redner mit einem Impulsvortrag an der Veranstaltung teilgenommen.
Auf Initiative der Zentralstelle hat sich am 25. November zum ersten Mal mit dem Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit ein Parlamentsausschuss mit der elektronischen Barrierefreiheit beschäftigt.
Berichtspflicht: Gemäß § 13 Absatz 1 Satz 6 BremBGG sind alle Ressorts verpflichtet, der zuständigen Deputation jährlich über die Fortschritte der Barrierefreiheit in den von ihr verwendeten IT-Verfahren und betriebenen digitalen Angebote zu berichten.
In der Zwischenzeit ist der Bericht mit dem Vorlagetitel "1. Bericht Barrierefreie IT nach § 13 Abs. 1 S. 6 BremBGG" bzw. "Jährliche Berichterstattung zum Stand der digitalen Barrierefreiheit nach § 13 Abs. 1 S. 6 BremBGG" im Ausschuss für Angelegenheiten der Häfen im Lande Bremen, in der Deputation für Soziales, Jugend, Integration und Sport sowie in der Deputation für Mobilität, Bau und Stadtentwicklung mit dem Beschluss der Kenntnisnahme behandelt worden.
Weitere Deputationen und Ausschüsse folgen.
Schon jetzt ist festzuhalten, dass die jährlich erfolgende Berichterstattung sinnvoll und notwendig ist, um die erhobenen Daten aktuell zu halten. Gerade die Information der den Ressorts zuzuordnenden öffentlichen Stellen und die Erhebung von deren Daten stellt vielfach noch eine Herausforderung dar. Dabei bietet genau diese Erweiterung auf den Begriff der öffentlichen Stelle und damit des gesetzlichen Geltungsbereichs einen hohen Mehrwert für behinderte Menschen: Die barrierefreie Informationstechnik und ihre Sicherstellung hat damit an Bedeutung gewonnen.
Rückblickend gab es in den letzten Wochen wieder vielerlei Aktivitäten auf der Landesebene. In der Rubrik "Von anderen" fassen wir Beispiele aus dem Bereich der Behindertenpolitik der letzten Wochen noch einmal für Sie zusammen.
Die Kischu wurde für den Deutschen Schulpreis 2020 nominiert, ein Preis der seit 2006 von der Robert-Bosch-Stiftung und der Heidehof-Stiftung vergeben wird. Die Preisverleihung hat einen tollen Anerkennungspreis mit einem der 3. Plätze ergeben. Herzlichen Glückwunsch an die "Gewinner der Herzen". Mehr
Ab sofort gibt es in der Bremer Krebsgesellschaft zwei neue Broschüren "Onkologie-Führer in Leichter Sprache" und "Krebs-Früherkennung leicht erklärt". Darin wird alles Wissenswerte zur Vorsorge, Früherkennung und Behandlung von Krebsverständlich erklärt. Mit den neuen Broschüren sollen vor allem Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen angesprochen werden. Mehr
Absicherung der Entgelte für Beschäftigte in Werkstätten für behinderte Menschen. Mitarbeiter*innen in den Werkstätten haben durch die Corona-Krise große Einschränkungen erfahren. Werkstätten wurden geschlossen und nur langsam wieder geöffnet; in Bremerhaven haben die Betroffenen durch den Wegfall ihres Entgeltes auch finanzielle Verluste zu verkraften gehabt. Auf Antrag der rot-grün-roten Koalition hat der Landtag in der November-Sitzung den Senat aufgefordert, sich auf Bundesebene für eine Absicherung der Bezahlung der Betroffenen in Höhe des vor der Pandemie üblichen Entgeltes einzusetzen. Mehr
Bremen bekommt mit dem Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen und Mädchen einen weiteren Landesaktionsplan. Die Bremische Bürgerschaft hatte vor einem Jahr beschlossen, den Landesaktionsplan zu erarbeiten. Hintergrund ist die sogenannte "Istanbul-Konvention", die auch von Deutschland ratifiziert wurde. Das Übereinkommen verpflichtet Bund, Länder und Gemeinden abgestimmt und mit weitreichenderen Maßnahmen als bisher Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu bekämpfen.
An der Auftaktaktveranstaltung, die per Videokonferenz stattfand, hat auch der Landesbehindertenbeauftragte teilgenommen.
In etwa einem Jahr soll der Landesaktionsplan fertig sein, der als Grundlage für eine gemeinsame Strategie im Kampf gegen Gewalt an Frauen und Mädchen dient.
Es fehlen passgenaue Angebote für suchtkranke, obdachlose und behinderte Frauen. Eine der 10 Arbeitsgruppen beschäftigt sich mit Frauen und Kinder mit besonderem Schutzbedarf bei der thematisch unter anderem auch auf behinderte Frauen eingegangen wird. Ansprechperson bei der ZFG ist Frau Ladewig-Makosch. Mehr
Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf die Teilhabe von behinderten Menschen, chronischen Erkrankungen und Pflegebedarf? Wie müssen Reha-Angebote angepasst und verändert werden, um Teilhabe sicherzustellen? Im Corona-Konsultationsprozess der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation untersuchen die Beteiligten diese Fragen mit Unterstützung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).
Der LBB bittet Sie, an der Befragung teilzunehmen. Die Ergebnisse werden ausschließlich in anonymisierter Form ausgewertet. Eine Teilnahme an der Online-Befragung ist bis zum 13. Dezember 2020 möglich.
Ein neues Internetangebot unterstützt im Land Bremen die richtige Hilfe bei psychischen Problemen zu finden.
Wenn Menschen in psychische Krisen geraten oder unter seelischen Erkrankungen leiden und Hilfe benötigen, fällt es oft schwer, einen Überblick über die verschiedenen Angebote zur Unterstützung zu bekommen. Ein gut ausgebautes Netz verschiedener Hilfeangebote ist in Bremen und Bremerhaven bereits vorhanden. Die nun eingerichtete Plattform psychNAVi fasst diese Angebote zusammen und bietet sowohl eine gezielte Suche nach den richtigen Angeboten, als auch eine Krisenhilfe in Akutsituationen an. Um in Krisensituationen die richtige Unterstützung zu erhalten, ermittelt die Suchfunktion die richtigen Ansprechpartner*innen direkt vor Ort. Das Angebot auf den Webseiten steht auch in Deutscher Gebärdensprache und in Leichter Sprache zur Verfügung. Mehr
Die Online-Edition des eigenARTig Festivals geht in die nächste Runde. Im Dezember werden ab dem 6. Dezember jeden Sonntag wieder Stücke gezeigt, die entweder bereits im Festival liefen oder solche, die beim Festival aufgrund von Reisebeschränkungen nicht gezeigt werden konnten.
Die Zoom-Links werden einige Tage vor den jeweiligen Terminen sowohl auf Facebook als auch auf der eigenARTig-Webseite veröffentlicht.
Die Werkstatt Bremen, die Bremer Heimstiftung und der Senator für Finanzen haben vor fünf Jahren ein besonderes Qualifizierungsangebot in Leben gerufen: fünf junge behinderte Menschen haben das Qualifizierungsmodul Hauswirtschaft erfolgreich mit einem Zertifikat abgeschlossen. Jetzt können sie an einem Außenarbeitsplatz tätig werden oder eine Ausbildung zum Fachpraktiker anschließen. Das Ziel des Moduls ist der 1. Arbeitsmarkt. Mehr
stellt die ZABA sowohl Basisinformationen zum Thema Barrierefreiheit als auch eine Beschwerdemöglichkeit bereit. Die zentrale Beschwerdemöglichkeit über die Website bezieht alle öffentlich-rechtlichen Medienangebote mit ein sowie alle privaten Rundfunk- und audiovisuellen Medienanbieter in Deutschland, deren Angebote der Regulierung durch die Landesmedienanstalten nach dem Medienstaatsvertrag unterliegen. Mehr
Im kommenden Newsletter LBB 44 wird unter anderem die Fortschreibung des Bremer Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention eine zentrale Rolle spielen.