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Editorial bzw. Neuigkeiten von der Bundes- und Landesebene

Liebe Leserin, liebe Leser,
mit dem in Kraft treten der UN-Behindertenrechtskonvention und der Schulreform des Jahres 2009 in Bremen hat "Inklusion" auch eine rechtliche Dimension erhalten. Deutschland hat sich mit der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem zu gewährleisten. Nach dem Bremischen Schulgesetz sind die Schulen dazu verpflichtet, sich zu inklusiven Schulen zu entwickeln.
"Wir haben und da verhoben". Die Lage und Perspektive der schulischen Inklusion in Bremen wird seit dieser Äußerung des Bremer Bürgermeisters Carsten Sieling kontrovers diskutiert. Joachim Steinbrück hat dazu in einem Interview mit dem Weser-Kurier am 11.06.2017 sowie im Reader zum "Memorandum - Inklusion in Schule und Bildungspolitik ins Zentrum rücken!" (siehe Meldung) Stellung genommen.

Bundesebene

Inklusive Bildung

Inklusive Bildung in Deutschland: die Friedrich-Ebert-Stiftung führt in den Jahren 2015 bis 2017 eine Inklusionsreihe durch, in der die Schaffung eines inklusiven Bildungssystems nach der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland auf allen Ebenen untersucht wird. Die einzelnen Bundesländer werden dabei in ihrem aktuellen Umsetzungsstand verglichen. Die Inklusionsreihe beinhaltet u.a. 16 Ländervergleiche zu "Inklusion in der Schule und der beruflichen Bildung" und eine "Roadshow" über Fachkonferenzen in den Ländern mit Best-Practice-Beispielen. Weitere Informationen befinden sich dazu auf der Webseite der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Lese- und Schreibkompetenzen von Erwachsenen

7,5 Millionen deutsch sprechende Erwachsene können nur so eingeschränkt lesen und schreiben, dass sie von voller selbstständiger gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen sind bzw. häufig auf Unterstützung angewiesen sind. Das ist ein Ergebnis der durch die Universität Hamburg durchgeführten Level One Grundbildungsstudie 2010. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt sieht nun eine Folgestudie mit neuen Fragestellungen vor. Neben der Lese- und Schreibkompetenzen von Erwachsenen werden zahlreiche Fragen zum Alltagshandeln erfasst, die bisher noch nicht systematisch mit der Lesefähigkeit in Zusammenhang gebracht wurden. Projektstart der neuen Studie war der 01.04.2017. Mit ersten Ergebnissen wird ab Mitte 2018 gerechnet.

Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz

Am 10.04.2017 wurde das Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) im Bundesgesetzblatt verkündet und ist in Kraft getreten. Zu befürchten ist, dass derzeit viele Augenärzte und Augenoptiker noch nicht über die damit verbundene Neuregelung beim Anspruch auf Sehhilfen informiert sind.

Kinder- und Jugendstärkungsgesetz - KJSG

Das Bundeskabinett hat am 12.04.2017 den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz - KJSG) beschlossen (Stichwort "inklusive Lösung"). Das KJSG sieht u.a. Verbesserungen beim Kinderschutz, der Lebenssituation von Pflegekindern und die Sicherstellung von Inklusion und gleichberechtigte Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen vor. Der Bundesrat hat sich am 02.06.2017 in 1. Lesung mit den vorgesehenen Regelungen beschäftigt.

Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung

Die Förderrichtlinie des BMAS zur Durchführung der „Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung“ für Menschen mit Behinderungen wurde im Bundesanzeiger am 30.05.2017 veröffentlicht. Mit dem Bundesteilhabegesetz wurden im neuen § 32 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) die gesetzlichen Voraussetzungen für ein unentgeltliches, allen Menschen mit (drohenden) Behinderungen und ihren Angehörigen offenstehendes und Orientierung gebendes Angebot zur Beratung über Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe geschaffen.
In Bremen fand dazu eine Informations-Veranstaltung ("Umsetzung des BTHG in Bremen - Information zum Antragsverfahren…") der Senatorin für Soziales am 14.06.2017 statt.

Barrierefreier Notruf

Am 31.05.2017 hat der Bundestag den Weg für den barrierefreien Notruf freigemacht. Mit der Gesetzesänderung erhalten Menschen mit Sprach- und Hörbehinderungen einen Zugang, der auch unter dem Aspekt der zeitlichen Verfügbarkeit dem Zugang gleichwertig ist, über den die Mehrheit der Endnutzer verfügt. Auch im Hinblick darauf, dass sich Notsituationen jederzeit ereignen können, und somit auch die Notwendigkeit besteht, Notrufe abzusetzen oder sonstige Hilfe anzufordern, soll die Verfügbarkeit des Dienstes entsprechend ausgeweitet werden.

Gesetz zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren und zur Verbesserung von Kommunikationshilfen für Sprach- und Hörbehinderte (EMöGG)

Am 22.06.2017 hat das Bundeskabinett EMöGG verabschiedet. Das Gesetz beinhaltet, dass Menschen mit einer Hörbehinderung künftig im gesamten Gerichtsverfahren das Recht auf einen Gebärdensprachdolmetscher oder andere für sie notwendige Kommunikationshilfen haben.

Dokumentation der Staatenprüfung zur UN-Behindertenrechtskonvention

Im vergangenen Monat ist die Dokumentation der Staatenprüfung zur UN-Behindertenrechtskonvention erschienen. Die schriftliche Dokumentation des Genfer Staatenprüfungsprozesses von März 2015 wurde vom Verein für Menschenrechte und Gleichstellung Behinderter, Netzwerk Artikel 3 erstellt und basiert auf einer Videoaufzeichnung der "International Disability Alliance". Sie umfasst den Staatenbericht, den Parallelbericht der Zivilgesellschaft sowie die "Abschließenden Bemerkungen" des Ausschusses der Vereinten Nationen und die Dokumentation des eigentlichen Prüfungsverlaufes.

Barrierefreies Bauen

Studie des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB) und der Firma Terragon: Barrierefreies Bauen im Kostenvergleich. Am 06.04.2017 haben der Deutsche Städte- und Gemeindebund sowie Terragon eine aktuelle Studie zu den tatsächlichen Kosten des barrierefreien Bauens vorgestellt. Analysiert wurden die Mehrausgaben für barrierefreies Bauen im Vergleich zum konventionellen Bauen anhand eines exemplarischen Wohnungsneubauprojektes.
Das Ergebnis: Projektentwickler mit dem notwendigen Know-how können Barrierefreiheit in Neubauwohnungen annähernd kostenneutral realisieren. Die vorliegende Studie belegt, dass barrierefreies Bauen keine Frage der Kosten, sondern vor allem der Konzeption und Planung ist.

Bundestagswahl

Die Bundestagswahl rückt langsam näher: die Bundeszentrale für politische Bildung hat auf ihrer Internetseite unter "Einfach Politik: Bundestagswahl 2017" in Einfacher Sprache dargestellt, worum es in der Wahl für jede Bürgerin und jeden Bürger geht.

Landesebene

Allgemein

Flyer "Beratung für behinderte Menschen in Bremen - ein Überblick":
aufgrund der hohen Nachfrage musste nachgedruckt werden. Der Flyer, der einen guten Überblick über das bestehende Beratungs- und Unterstützungssystem für behinderte Menschen in der Stadt Bremen gibt, wurde von den Kollegen in einer besonders gelungenen Sonderaktion an weitere Interessenten in hoher Stückzahl versandt.

Die gesamte Dienststelle des Landesbehindertenbeauftragten hat am 28.03.2017 die Sonderausstellung "Lieblingsräume" besucht und hat Ende Juni auch zusammen die Ausstellung "TOUCHDOWN" aufgesucht. Im Rahmenprogramm der Ausstellung hat Joachim Steinbrück am 21.06.2017 als Teil des Podiums zu ethischen Fragen der Pränataldiagnostik teilgenommen.
Eine weitere Veranstaltung im Rahmen von "TOUCHDOWN" ist für den 15.08.2017 geplant, nämlich eine Lesung mit dem Ensemble "Ohrenkuss". Der LBB ist hier Kooperationspartner des Werkstattrates der Werkstatt Bremen.

Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Land Bremen

Vor vier Jahren hat der Akademische Senat der Universität Bremen den Aktionsplan zur Umsetzung der UN-BRK an der Uni mit dem Ziel verabschiedet, sich zu einer inklusiven und barrierefreien Hochschule weiterzuentwickeln. Wie es dort weiter geht, wurde auf einer Podiumsdiskussion "Inklusive Hochschule: wie geht es weiter?" am 20.06.2017 diskutiert. Einer der Podiumsteilnehmer war Joachim Steinbrück.

Stiftung Anerkennung und Hilfe

Am 20.06.2017 hat eine gemeinsame Informationsveranstaltung der Senatorin für Soziales, des Amtes für Versorgung und Integration sowie dem LBB stattgefunden (siehe auch LBB-Newsletter 31). In der Veranstaltung wurden u.a. die Aufgaben der Stiftung, die Anlauf- und Beratungsstelle sowie das Verfahren vorgestellt. Sie richtete sich vor allem an MitarbeiterInnen aus Einrichtungen der Behindertenhilfe, aus Einrichtungen für psychisch beeinträchtigte Menschen sowie an die Werkstatträte und BewohnerInnenbeiräte.

Neues Gesicht - Gerald Wagner

Die Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen Bremen (LAGS) hat seit Februar 2017 einen neuen Leiter der Geschäfts- und Beratungsstelle. Wir wünschen Gerald Wagner in seiner Funktion gutes Gelingen und viel Erfolg!

Bremische Bürgerschaft

Die CDU-Fraktion der Bremischen Bürgerschaft hat eine Kleine Anfrage mit dem Titel "Wie ist die Versorgungs- und Unterbringungssituation von Flüchtlingen mit Behinderung im Land Bremen?" eingereicht hat, die der Senat am 13.06.2017 beantwortet hat. In der Mai-Sitzung der Bürgerschaft wurde u.a. die "Weiterentwicklung der Psychiatriereform in Bremen" debattiert.

Kultur

Im Bereich "Kultur" hat vom 24.-28.05.2017 die 2. Auflage des inklusiven Festivals "Mittenmang" am Theater Bremen stattgefunden.
Straßenbahnseminar "SAM 7: Die Schatten sieht man nicht - verborgene Kunstwerke, …und was Kunst zur Inklusion beitragen kann" am 31.08.2017: an vielen Kunstwerken im Bremen gehen oder fahren wir achtlos vorbei. Sie sind zu klein, zu groß, zu hoch oder zu niedrig, zugewachsen oder entsprechen nicht unserer Vorstellung von "Kunst". In der Seminarstraßenbahn geht es kreuz und quer durch die Stadt, um Kunstwerke zu entdecken und kennenzulernen. Das Diakonische Werk Bremen möchte in der europäischen Partnerschaft "Art of Inclusion" dazu beizutragen, dass behinderte Menschen Zugang zu Kunst erhalten. Thema wird also auch sein, was Kunst zur Inklusion tatsächlich beitragen kann.

Das geplante barrierefreie ovale Stadtmodell aus Bronze, auf dem Menschen die Altstadt und deren Gebäude und Plätze im Maßstab 1:600 erfühlen können wird Thema im nächsten LBB-Newsletter sein. Initiator dieser Idee, die vom LBB von Anfang unterstützt wird, ist der Architekt/Modellbauer Thomas Hogrefe.

Wohnen

Am 23.06.2017 wurde die Presse vom Martinsclub Bremen zu einem Frühstück in die 1. Inklusive WG in der Delbrückstraße 16 eingeladen. Berichtet wurde über das Thema inklusives Wohnen, die Vorstellung des dortigen Konzeptes und das Zusammenleben in der WG. Joachim Steinbrück wurde vom Martinsclub als Referent dazu eingeladen. Die Berichterstattung in den Medien war bemerkenswert.

Sport

Mitte Mai zeigte das Ergebnis einer fünfjährigen Studie ("Spezifische sportliche Aktivierung in Werkstätten für behinderte Menschen") der Universität Bremen, der Werkstatt Bremen und der AOK Bremen/Bremerhaven, dass in Werkstätten beschäftigte behinderte Menschen effektiver gefördert und sportlich aktiviert werden können, als es üblicherweise geschieht. Die Personen, die Bewegung immer vermieden oder ganz abgelehnt hatten, wurden durch mehr Bewegung in ihrem Leben gestärkt.
In dem Zeitraum von fünf Jahren haben insgesamt 58 Beschäftigte der Werkstatt Bremen daran teilgenommen.

Mike Schwenke vom TuS Komet Arsten gewann drei Medaillen bei den Deutschen Meisterschaften Para Leichtathletik in Erfurt Ende Mai. Herzlichen Glückwunsch!

Sport verbindet: die LBB-Dienststelle war auch in diesem Jahr beim "BMW-Firmenlauf zur Spätschicht" am Start. In der vergangenen Woche unterstützten wir nicht nur das Team der Bürgerschaftskanzlei, sondern vor allem Special Olympics Bremen.

Weitere Veranstaltungen im Bereich Sport: am 19.05.2017 fand der 9. Bremer River-Cup (ein inklusives Fußballturnier) im Sportgarten statt. Das nächste große Bremer Fußballturnier, der 7. "I-Cup", ist für den 23.09.2017 von 09.00-18.00 Uhr im Sportgarten (Pauliner Marsch) terminiert.
Die Landesspiele von Special Olympics Bremen finden vom 06.-08.09.2017 auf der Sportanlage vom TuS Komet Arsten statt. Näheres zu den beiden zuletzt erwähnten Veranstaltungen im nächsten LBB-Newsletter.

In Bremerhaven erfolgte am 10.06.2017 das 28. Behinderten-Sportfest im Nordseestadion (erstmals mit einem "Inklusionslauf") und am 01.10.2017 veranstaltet der FC Sparta in Bremerhaven ganz im Zeichen der Inklusion einen "Tag der Begegnung".