MR: Heute hat die Bremische Bürgerschaft einen neuen Landesbehindertenbeauftragten gewählt.
Der heißt Wolf Arne Frankenstein, ist Jurist, bald sogar Doktor. Er promoviert zurzeit zu den Rechtswirkungen der UN-Behindertenrechtskonvention. 33 Jahre ist er jung und jetzt am Telefon. Moin Herr Frankenstein und herzlichen Glückwunsch zur Wahl.
AF: Moin, moin und vielen Dank.
MR: So viele kennen sie noch nicht in Bremen und der Landesbehindertenbeauftragte ist meist auch selbst behindert. Was ist ihre Behinderung?
AF: Ich sitze im Rollstuhl und bin von Geburt an behindert und zu meiner selbständigen Lebensführung nutze ich nicht nur den Rollstuhl sondern auch persönliche Assistenz.
MR: 15 Jahre lang hat sich ebenfalls ein Jurist, Dr. Joachim Steinbrück, für die Belange von Behinderten eingesetzt. Das sind große Fußstapfen, in die sie da treten. Was können sie sich von ihm abgucken und was wollen sie vielleicht anders machen?
AF: Also ich glaube die Arbeit, die Joachim Steinbrück in Bremen geleistet hat, die hat ein sehr gutes Fundament geschaffen für das, was jetzt weiter auf uns wartet. Nämlich die gleichberechtigte Teilhabe von behinderten Menschen weiter nach vorne zu bringen. Ich möchte das gemeinsam mit allen Akteuren, die in dem Bereich unterwegs sind, weiter voran bringen und vielleicht, als kleine Nebenbemerkung, ich sitze ja im Rollstuhl und deshalb kann ich die Fußstapfen ohnehin nur durchfahren und werde gar nicht versuchen, mich dort rein zu begeben.
MR: Dann schauen wir doch mal konkreter, was das heißt, wenn sie ab ersten Mai im Amt sind.
Was ist denn das allererste was auf ihrer Agenda steht, was sie in Bremen angehen wollen?
AF: Ich werde die Enquete-Kommission zur Klimaschutzstrategie in Bremen bitten bei der Erarbeitung von Konzepten die besondere Situation von Menschen mit Behinderungen von Anfang an mitzudenken. Ich finde, jetzt ist die Zeit für neue Konzepte, um unser Zusammenleben nicht nur ökologischer, sondern auch insgesamt diskriminierungsfreier zu gestalten. Ich denke da zum Beispiel an neue Mobilitätsangebote zur Verkehrsentlastung für alle Menschen und damit dürfen natürlich auch behinderte Menschen nicht ausgeschlossen werden. Ich denke aber auch eine Gestaltung von Wohnraum, Arbeitsbedingungen, Freizeitangebote. Da muss das von Anfang an mitgedacht werden, damit wir eine inklusive Gesellschaft werden.
MR: Inklusive Gesellschaft - da komme ich schnell natürlich auf das Thema, über das alle im Moment reden: Wie ist die Versorgung an Informationen in Sachen Corona für Behinderte? Finden sie, dass alles in Ordnung, wie es läuft, Stichwort Gebärdensprache im Fernsehen?
AF: Es ist anfänglich nicht so gut mitgedacht worden, wie wir es uns alle und insbesondere auch diejenigen, die auf Gebärdensprache angewiesen sind gewünscht hätten. In Bremen ist dann relativ schnell eine gute Lösung gefunden worden, nämlich dass die Pressekonferenzen des Senats dann auch alle in Gebärdensprache gedolmetscht worden sind. Das ist eine gute Entscheidung gewesen. Trotzdem glaube ich, dass man noch viel besser von Anfang an immer diese Barrierefreiheitsgesichtspunkte, die nicht so offensichtlich sind, also Leute die Gebärdensprache nutzen oder auch die, die auf leichtere Sprache angewiesen, dass wir das von Anfang an mitdenken.
MR: Arne Frankenstein ist der neue Landesbehindertenbeauftragte. Er war am Telefon hier bei Bremen Eins. Im neuen Amt wünschen wir ihm von Herzen alles Gute und viel Erfolg.