Die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen ist eine gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe, die das höchste Maß an Selbstbestimmung zum Ziel hat. Sie betrifft alle Lebensbereiche und alle politischen Handlungsfelder. Das ist ein Grund, warum dieser Prozess große Anforderungen an alle Akteur*innen stellt. Ein weiterer Grund ist, dass gleichberechtigte Teilhabe einen strukturellen Wandel meint und nicht die Neuprägung dieses Begriffs in den bestehenden Strukturen.
Heute genau vor 11 Jahren ist die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland in Kraft getreten. Neben neuer Aufmerksamkeit hat die UN-Behindertenrechtskonvention auch neue rechtliche Verbindlichkeit gebracht. Seitdem hat sich einiges erheblich verbessert, auch in Bremen. Das hat wesentlich mit der herausragenden Arbeit von Joachim Steinbrück und dem gesamten Team des Landesbehindertenbeauftragten zu tun, aber auch damit, dass Bremen schon immer eine starke behindertenpolitische Allianz ausgezeichnet hat. Eine inklusive Gesellschaft sind wir damit noch nicht. Deshalb sage ich ganz deutlich: wir stehen noch immer am Anfang einer Entwicklung. Viele Expert*innen in Wissenschaft und Praxis bescheinigen Deutschland als Vertragsstaat der UN-Behindertenrechtskonvention, dass er mit der Umsetzung der Konvention in Verzug ist. Diese Ansicht teile ich. Es mag einige überraschen, die im öffentlichen Leben immer mehr Menschen mit Behinderungen begegnen, aber die gleichberechtigte Teilhabe ist noch lange nicht in allen Lebensbereichen eingelöst und auch noch lange nicht für alle behinderte Menschen.
Besondere Bedeutung hat die Fortschreibung des Landesaktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Bremen. Er wird die Richtschnur für viele Maßnahmen vorgeben, die Bremen auf dem Weg in eine inklusive Gesellschaft voranbringen. Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat den bestehenden Plan überprüft und Bremen einige Verbesserungspotenziale aufgezeigt. Das Team des Landesbehindertenbeauftragten ist schon seit Monaten dabei, diesen Prozess zu organisieren und wir hoffen, dass sich viele daran beteiligen.
Enorm wichtig ist auch die weitere Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in Bremen. Der begonnene Prozess bietet die Chance, die gesamte Architektur von Leistungen so zu verändern, dass am Ende die Selbstbestimmung gewinnt und auch in besonderen Wohnform Leistungen so individuell wie möglich erbracht werden können. Dafür braucht es ein Bedarfsfeststellungsverfahren, das eine handlungsfähige Grundlage für Leistungen bietet und ein Leistungsstrukturmodell, mit dem auch der Bedeutungsgehalt der UN-Behindertenrechtskonvention umsetzt wird. Je besser uns das in Bremen gelingt, desto mehr unterstützt es den gesamten Prozess der Teilhabe.
Ich freue mich auf sehr viele persönliche Begegnungen, auf kontroverse Debatten genauso wie auf gemeinschaftliches, solidarisches und zielgerichtetes Wirken für die Rechte und Interessen behinderter Menschen in Bremen, Bremerhaven und umzu. Dabei ist mir die Zusammenarbeit mit behinderten Menschen, mit Behindertenverbänden und Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, besonders wichtig. Als Expert*innen in eigener Sache sind vor allem sie es, die wissen, wo der Schuh drückt. Dass es in Bremen die schon beschriebene starke behindertenpolitische Allianz gibt, die in weite Teile der Zivilgesellschaft hineinreicht, wird unserem gemeinsamen Anliegen dabei helfen. So wie bisher auch.
Ich werde die Enquete-Kommission zur Klimaschutzstrategie in Bremen ersuchen, bei der Erarbeitung von Konzepten die besondere Situation von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen und sie zum Anlass zu nehmen, Konzepte entsprechend eines "Design for all" zu entwickeln. Die klimapolitischen Herausforderungen sind eine große Chance, bestehende Konzepte von gesellschaftlichem Zusammenleben wie Mobilität oder Wohnen neu zu denken. Jetzt ist die Zeit für innovative Konzepte, um unser Zusammenleben nicht nur ökologischer, sondern auch diskriminierungsfreier zu gestalten. Dazu gehört unweigerlich, die elementaren Menschenrechte zu achten, die sich für Menschen mit Behinderungen aus der UN-Behindertenrechtskonvention heraus konkretisieren. Stadtentwicklungsplanungen in Bremen und Bremerhaven müssen dies bis hinein ins Umland berücksichtigen. Bei der Barrierefreiheit des Nahverkehrs ist das offenkundig. Dabei darf man es aber nicht belassen. Auch bei der Entwicklung neuer Mobilitätsangebote zur Verkehrsentlastung dürfen behinderte Menschen nicht ausgeschlossen werden. Und auch bei der Gestaltung von Wohnraum, Angeboten der Daseinsvorsorge, Arbeitsbedingungen und Freizeitangeboten müssen diese Aspekte von Anfang an mitgedacht werden.
Ich selbst gehöre zu der Gruppe von Menschen, die einem erhöhten Risiko für Atemwegsinfekte ausgesetzt sind und habe auch einige enge Freund*innen, die aufgrund der Pandemie besonders gefährdet sind. Außerdem kenne ich viele Beispiele, die zeigen, wie schwierig die aktuelle Situation gerade für Menschen mit Behinderungen ist. Besonders besorgt bin ich, wenn ich an Menschen denke, die in hohem Umfang persönliche Assistenz in Anspruch nehmen und für die soziale Distanz nicht in gleichem Maße möglich ist wie für andere. Ähnliches gilt für Menschen in besonderen Wohnformen, in Pflegeeinrichtungen oder Wohnstätten für Senioren. Werkstätten für behinderte Menschen sind zwar richtigerweise geschlossen worden, adäquate Ersatzangebote hat aber natürlich niemand in der Schublade.
Dass in dieser Situation nicht alle zuversichtlich bleiben können, ist naheliegend. Gerade für Menschen, die schon vor der Pandemie psychische Beeinträchtigungen hatten, kann die momentane Situation besonders schwierig sein. Ich selbst versuche trotzdem positiv nach vorne zu blicken. Viel alleine zu arbeiten, kenne ich aus der Zeit meiner Doktorarbeit. Wie vielen anderen, fehlen mir allerdings der persönliche Austausch und die Begegnungen mit Menschen, die ich sonst in anderen Zusammenhängen regelmäßig treffe. Deshalb telefoniere ich zurzeit noch mehr als sonst.
Ich halte zwar nicht viel davon, diese außergewöhnliche Situation dafür zu nutzen, politische Schneisen zu schlagen, aber eines scheint mir momentan deutlich zu werden: Allen sind unsere verfassungsrechtlich garantierten Freiheitsrechte lieb und teuer. Diese nicht nur auf dem Papier, sondern auch im Alltag für alle Menschen einzulösen, fordern behinderte Menschen schon lange. Viel zu oft stehen ihnen Barrieren im Weg oder es fehlt an Infrastruktur, damit beispielsweise Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf ohne Einschränkungen ihren Lebensmittelpunkt selbstbestimmt im Quartier wählen können. Das muss sich ändern, unabhängig von Corona. Sollte sich durch die aktuellen Begrenzungen hierfür ein schärferes Bewusstsein in der gesamten Gesellschaft entwickeln, könnte das dem Prozess dienlich sein.
Aus meiner Heimatstadt Lübeck – und zwar in Form eines modellierten Marzipanherzens mit dem Schriftzug „LBB Bremen“ darauf. Ich war hin- und hergerissen: esse ich es auf, weil es so lecker ist oder behalte ich es, weil es so schön aussieht? Noch konnte ich mich zusammenreißen...
Ich koche gerne gemeinsam mit Freund*innen. Dabei bin ich ein richtiger Fischkopp und liebe alles, was aus dem Meer kommt. Außerdem bin ich aktiver Passivsportler und als solcher gern im Weserstadion oder auf anderen Sportanlagen unterwegs.
Im Sommer draußen – gerne bei einer ausgedehnten Rad-und-Rolli-Tour entlang des Werdersees oder in einem der vielen schönen Straßencafés im Viertel. Nahe der Sielwall-Kreuzung habe ich meine erste Wohnung in Bremen bezogen. Deshalb fühle ich mich dort besonders heimisch. Im Winter in einem guten barrierefreien Restaurant, zum Beispiel dem "Weserbogen" am Anlieger des Weserstadions. Dort kann man übrigens zu jeder Jahreszeit schöne Sonnenuntergänge erleben.
Ich mag es hanseatisch: weltoffen und verbindlich.